Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine nachträgliche Heilung eines unwirksamen Mieterhöhungsverlangens

 

Orientierungssatz

Das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters muß in einer einheitlichen Erklärung abgegeben werden. Hierfür reicht die Bezugnahme auf eine frühere Erklärung nur dann aus, sofern die neue Erklärung des Vermieters den wesentlichen Inhalt eines Erhöhungsverlangens ergibt. Ein unwirksames Erhöhungsverlangen kann nicht nachträglich geheilt werden (BGB § 141 Abs 1).

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte ist Mieterin der in H., H.-Straße 22 belegenen 1-Zimmer-Wohnung. Der von der Beklagten geschuldete Mietzins beträgt seit mehr als einem Jahr DM 223,--. Mit Schreiben vom 17. Februar 1975 verlangte die Klägerin mit Wirkung zum 1. April 1975 eine monatliche Miete von DM 9,--/qm einschließlich der bisherigen Nebenkosten, insgesamt DM 305,48 zuzüglich DM 40,-- als Heizkostenvorauszahlung. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf dieses Schreiben führte die Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 17. März 1973 aus:

"Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung für die Mietfestsetzung sind wir berechtigt, eine Miete in Höhe der Vergleichsmiete von mindestens drei ähnlichen Wohnanlagen zu verlangen. Aus der beigefügten Vergleichsmietenabfrage sehen Sie, daß wir diese Möglichkeit nicht ausschöpfen, da wir bei der Kalkulation unserer Mieten von den tatsächlichen Kosten der jeweiligen Häuser ausgehen".

Dem Schreiben fügte sie eine Liste von fünf Wohnungen mit Angaben über Lage, Baujahr, Zimmerzahl, Wohnfläche, Ausstattung und Quadratmetermiete bei. Mit Schreiben vom 16. Juni 1975 verlangte sie von der Beklagten mit Wirkung zum 1. Oktober 1975 die Zustimmung zu einer Grundmiete von DM 308,61 zuzüglich Nebenkosten von DM 31,48 und Heizkostenvorauszahlung von DM 40,--. Sie benannte drei Vergleichswohnungen. Da die Beklagte dem nicht zustimmte, hat sie Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, zuzustimmen, daß die monatliche Nettomiete ab 1. Oktober 1975 DM 308,61 beträgt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 30. Dezember 1975 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen die Auffassung vertreten, die Schreiben der Klägerin vom 13. Februar und 13. März 1975 hätten zusammengenommen ein formal zulässiges Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG abgegeben. Da die Klägerin hierauf nicht innerhalb der Klagefrist geklagt habe, habe sie ein erneutes Erhöhungsverlangen nicht vor Ablauf der in § 2 Abs 3 MHG geregelten Frist von neun Monaten stellen können.

Die Klägerin hat gegen das Urteil formgerecht und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie meint, weder das Schreiben vom 17. Februar 1975 noch dasjenige vom 17. März 1975 bildeten für sich genommen ein zulässiges Erhöhungsverlangen. Im Schreiben vom 17. Februar 1975 fehle jegliche Begründung für die ortsübliche Vergleichsmiete. Auch sei der Wirkungszeitpunkt unrichtig angegeben. Im Schreiben vom 17. März 1975 sei nicht mitgeteilt worden, welche Miete verlangt werde und ab wann diese gelten solle. Die beigefügten Vergleichsobjekte seien nicht hinreichend spezifiziert und überdies unrichtig. In beiden Schreiben sei die Beklagte auch nicht zur Zustimmung aufgefordert worden, sondern es hätte aus dem Schreiben auch herausgelesen werden können, daß die Klägerin die Miete einseitig festsetze. Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet; das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin aus ihrem Erhöhungsverlangen vom 16. Juni 1975 keine Rechte herleiten kann. Dieses Verlangen ist nämlich mit Rücksicht auf die Sperrfrist in § 2 Abs 3 MHG unwirksam. Diese Frist wurde in Lauf gesetzt, nachdem die Klägerin es versäumt hatte, aufgrund ihres Erhöhungsverlangens vom Frühjahr 1975 Klage zu erheben. Dabei ist zugrundezulegen, daß das wirksame Erhöhungsverlangen vom 17. März 1975 datiert. Die Klagefrist lief mithin am 31. Juli 1975 ab. Sie wurde nicht etwa dadurch gehemmt, daß der Endtermin in die Gerichtsferien fiel; denn es handelt sich nicht um eine Frist im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, sondern um eine dem materiellen Recht angehörende Ausschlußfrist, mag sie auch prozessuale Auswirkungen haben.

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Erhöhungsverlangen vom 17. März 1975 den förmlichen Anforderungen des § 2 Abs 2 Satz 1 MHG genügte. Es ließ entgegen der Annahme der Klägerin erkennen, welche Mieterhöhung zu welchem Zeitpunkt unter Behauptung einer höheren Vergleichsmiete gefordert wurde. Soweit es hierüber nicht selbst Aufschluß gab, nahm es eindeutig auf das frühere Schreiben vom 17. Februar 1975 Bezug, daß es die von der Klägerin berechnete und geforderte neue Miete zweifelsfrei enthielt.

Richtig erscheint zwar, daß jedes der beiden Schreiben für sich betrachtet den formellen A...

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