Allgemein zugänglicher Mietspiegel muss Mieterhöhung nicht beiliegen
Hintergrund: Mietspiegel liegt Mieterhöhung nicht bei
Die Vermieterin einer Wohnung in Nürnberg verlangt vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
Im November 2018 forderte die Vermieterin den Mieter auf, einer Mieterhöhung um 15 Prozent von 490 Euro auf 563,50 Euro monatlich zuzustimmen. Zur Begründung der Mieterhöhung bezog sie sich auf den Nürnberger Mietspiegel 2018 und wies darauf hin, dass dieser bei ihr eingesehen werden könne.
In dem Mieterhöhungsverlangen wies die Vermieterin zunächst anhand der Wohnfläche einen Basisbetrag aus, benannte dann anhand konkreter Merkmale wie Baujahr, Ausstattung und Lage bestimmte Zu- und Abschläge und ermittelte hieraus einen konkreten Betrag als ortsübliche Vergleichsmiete. Der Nürnberger Mietspiegel weist hingegen Mietpreisspannen von +/- 20 Prozent um einen anhand der Merkmale zu ermittelnden Tabellenwert aus.
Der Mieter erteilte die Zustimmung zur Mieterhöhung nicht. Die daraufhin erhobene Klage der Vermieterin hatte vor Amts- und Landgericht keinen Erfolg. Das Landgericht hielt die Klage für unzulässig, weil das Erhöhungsverlangen nicht ausreichend begründet und daher formell unwirksam gewesen sei. Weder sei der Mietspiegel beigefügt gewesen noch sei in dem Schreiben die einschlägige Mietpreisspanne angegeben worden.
Entscheidung: Mietspiegel muss nicht beiliegen
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Zu Unrecht hat das Landgericht das Erhöhungsverlangen für formell unwirksam gehalten.
Die nach § 558a Abs. 2 BGB erforderliche Begründung eines Mieterhöhungsverlangens soll dem Mieter - auch im Interesse einer außergerichtlichen Einigung, um überflüssige Prozesse zu vermeiden - ermöglichen, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und sich darüber klar zu werden, ob er einer Mieterhöhung zustimmt oder nicht. Sie muss Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und dies in einem solchen Umfang, dass der Mieter zumindest ansatzweise prüfen kann, ob das Verlangen berechtigt ist. Nimmt der Vermieter Bezug auf einen Mietspiegel, muss die Begründung auch die Angaben zur Wohnung enthalten, die nach dem Mietspiegel für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmend sind.
Diesen Erfordernissen wird das vorliegende Mieterhöhungsverlangen gerecht. Es enthält alle Angaben zur Wohnung, die erforderlich sind, um anhand des Mietspiegels die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Somit ist dem Mieter die (ansatzweise) Überprüfung möglich, ob die Mieterhöhung berechtigt ist.
Die Vermieterin musste den Mietspiegel dem Erhöhungsverlangen nicht beifügen. Dies ist dann nicht erforderlich, wenn der Mietspiegel allgemein zugänglich ist. Allgemein zugänglich ist ein Mietspiegel auch dann, wenn er gegen eine geringe Schutzgebühr (etwa drei Euro) von privaten Vereinigungen an jedermann abgegeben wird, oder der Vermieter dem Mieter eine wohnortnahe Einsichtsmöglichkeit anbietet. Dann ist es dem Mieter zumutbar, auf den ihm - wenn auch mit gewissem Aufwand - zugänglichen Mietspiegel zuzugreifen. Da der Nürnberger Mietspiegel 2018 allgemein zugänglich in diesem Sinne ist, ist es unschädlich, dass er dem Erhöhungsverlangen nicht beigefügt war.
Ebenso ist unschädlich, dass in dem Mieterhöhungsverlangen keine Mietpreisspanne, sondern ein konkreter Vergleichswert angegeben war. Dem Mieter war zumutbar, dem allgemein zugänglichen Mietspiegel das Bestehen und die Größenordnung der Mietpreisspanne zu entnehmen und anhand des im Erhöhungsverlangen genannten Wertes mittels schlichter Prozentrechnung zu errechnen.
(BGH, Urteil v. 7.7.2021, VIII ZR 167/20)
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