Verfahrensgang
AG Hamburg-Blankenese (Entscheidung vom 14.04.2010; Aktenzeichen 508 C 250/09) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese (Geschäfts-Nr.: 508 C 250/09) vom 14. April 2010 wie folgt abgeändert: Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagte von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte Dr. Kirsten & Kollegen über EUR 603,93 freizustellen.
II.
Hinsichtlich des Hauptantrages wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin nach einem Wert in Höhe von EUR 603,93.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten gegen die Abweisung ihrer Widerklage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und hinsichtlich des auf Freistellung gerichteten Hilfsantrages auch der Sache nach begründet.
Der Beklagten steht gegen die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen der zur Abwehr der Eigenbedarfskündigung angefallenen vorprozessualen Rechtsanwaltskosten zu. Auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit stellt einen gemäß § 249 BGB zu ersetzenden Schaden dar. Der Belastete hat gemäß § 249 Abs. 1 BGB einen Freihaltungsanspruch, der nach Zahlung oder gemäß § 250 BGB in einen Geldanspruch übergehen kann.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es anerkannt, dass ein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsverteidigungskosten aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten unter anderem auch dann in Betracht kommt, wenn der Vermieter das Mietverhältnis unberechtigt kündigt (vgl. BGH, Urteil v. 16.01.2009 - V ZR 133/08 Tz. 8,16). Allerdings scheidet die Haftung aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Fällen aus, wenn der Vermieter nicht fahrlässig gehandelt hat und die Verletzung seiner Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zu vertreten hat.
Im Streitfall entbehrte die Kündigung vom 24. Februar 2008 der gemäß § 568 BGB erforderlichen Schriftform. Bei einer so einschneidenden Willenserklärung wie der einer Eigenbedarfskündigung ist vom Vermieter zu verlangen, dass dieser sich vor Abgabe der Eigenbedarfskündigung über die einzuhaltenden Formalien erkundigt und das Schreiben vor Absendung kontrolliert. Dann hätte der Gesellschafterin der Klägerin F. auffallen müssen, dass die Unterschrift fehlte. Eine von der Klägerin zu vertretende Vertragsverletzung kann bei dieser Sachlage nicht verneint werden.
Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf § 254 BGB entfallen. Letzteres könnte nur dann angenommen werden, wenn sich das Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs für den Mieter nachgerade aufdrängen würde. Ein derartiger Sonderfall ist hier nicht zu bejahen. Von einem juristischen Laien wie der Beklagten kann nicht verlangt werden, vertragsrechtliche Sonderregelungen wie diejenige des § 568 BGB zu kennen. Bei drohendem Verlust ihrer Wohnung war es gut nachvollziehbar, dass die Beklagte hier den sicheren Weg gehen wollte und sich anwaltlicher Hilfe bediente.
Als begründet erweist sich die Berufung der Beklagten indes lediglich hinsichtlich des auf Freistellung gerichteten Hilfsantrages. Zahlung entsprechend dem Hauptantrag kann die Beklagte dagegen nicht verlangen. Denn die Beklagte hat trotz des Bestreitens der Klägerin weder belegt, die Rechnung ihrer Prozessbevollmächtigten ausgeglichen zu haben, noch hat die Beklagte durch Vorlage des Schreibens vom 4. Juni 2009 ihren Vortrag substantiiert, wonach die Klägerin die in Rede stehende Forderung ernsthaft und endgültig bestritten habe. Der Freihaltungsanspruch der Beklagten ist daher auch nicht über § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Gebührenberechnung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 16. September 2009 (Bl. 35 d.A.) erfülle nicht die Vorgaben des § 10 RVG, ist diese Einlassung unschlüssig, so dass die Klägerin hiermit nicht durchdringen kann. Die Vorschrift des § 10 RVG dient allein den Interessen des Mandanten. Durch § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG wird geregelt, dass die Fälligkeit der Vergütung im Sinne des § 8 RVG zu deren Durchsetzbarkeit noch nicht ausreicht. Der Mandant soll zur Zahlung erst verpflichtet werden können, wenn ihm eine konkrete Berechnung vorliegt (vgl. etwa Hartung/Römermann/Schons, § 10 RVG Rd. 3). Zwar muss die Mitteilung der Berechnung gemäß § 10 RVG schriftlich erfolgen, diese ist jedoch lediglich Voraussetzung für die Zulässigkeit des Einforderns, nicht aber Voraussetzung des Anspruchs als solchen (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 19. Aufl. § 10 RVG Rd. 5).
Schließlich bestehen auch gegen die Höhe der mit EUR 603,93 berechneten Gebühren keine durchgreifenden Bedenken. Das Schreiben vom 24. Februar 2008 (Anl. B 1) bezieht sich auf einen tatsächlich und rechtlich komplexen Sachverhalt, der von den anwaltlichen Vert...