Leitsatz (amtlich)
Zur Einbeziehung von § 28 Abs. 3 a) dd) Satz 3 ARB 2000 in einen Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer und Rechtsschutzversicherung nach § 305 c BGB
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Versicherungsleistungen.
Die Klägerin ist ein Rechtschutz-Versicherungsunternehmen, der Beklagte ist Versicherungsnehmer der Klägerin mit einem Rechtsschutzvertrag, dem die ARB 2000 unter Beifügung des "KompaktPlus-Rechtsschutz für Unternehmen und freie Berufe" zugrunde liegen. Diese Zusatzvereinbarung enthält folgende Klausel zu § 28 ARB:
(3)
a)
Der Versicherungsschutz umfasst: (...)
Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht (...)
dd)
für (...)
- die gerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Versicherungsverträgen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der versicherten gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit stehen. Versicherungsschutz besteht, soweit der Wert des Interesses 250.000 € nicht übersteigt. Für Streitwerte, die über dieser Summe liegen, besteht Versicherungsschutz auch nicht anteilig. (...)
Am 11.10.2007 meldete der Beklagte der Klägerin einen Rechtsschutzfall, wonach er nach einem Brandschaden in seinem Fitnessstudio Versicherungsleistungen gegen den Gebäudeversicherer geltend machte. Der Beklagte begehrte insofern Versicherungsleistungen von ca. 386.000 €. Die Klägerin wies mit Schreiben vom 24.10.2007 auf § 28 Abs. 3 a) dd) ARB 2000 hin und teilte mit, dass bei einem Streitwert in dieser Größenordnung kein Versicherungsschutz bestehe. Der Beklagte übersandte der Klägerin sodann mit Schreiben vom 21.12.2007 eine Klageschrift, in der er eine Verurteilung des Gebäudeversicherers zur Zahlung von 238.271,42 € verlangte. Dieser Betrag stellte den reinen Gebäudeschaden dar, auf Seite 21 der Klageschrift behielt sich der Beklagte die Geltendmachung weiterer Schadenspositionen vor. In dem an die Klägerin gerichteten Begleitschreiben zur Klageschrift wies der Prozessbevollmächtigte des Beklagten darauf hin, dass er § 28 Abs. 3 a) dd) ARB 2000 für unwirksam halte und gegebenenfalls Deckungsklage erheben werde. Mit Schreiben vom 08.01.2008 erteilte die Klägerin Deckungszusage für die eingereichte Klage und wies darauf hin, dass im Fall einer Klageerhöhung auf einen Streitwert von über 250.000 € insgesamt kein Versicherungsschutz bestehe. Sodann erbrachte die Klägerin gegenüber dem Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe von 9.134,20 €.
In der Folge erweiterte der Beklagte seine Klage, ohne die Klägerin hiervon in Kenntnis zu setzen. Das Landgericht Mannheim wies die Klage des Beklagten gegen den Gebäudeversicherer ab und setzte den Streitwert auf 489.465,06 € fest. Nachdem die Klägerin hiervon Kenntnis erlangt hatte, forderte sie mit Schreiben vom 06.02.2012 die erbrachten Leistungen zurück. Der Beklagte wies die Forderung der Klägerin zurück, auch auf ein weiteres Schreiben der Klägerin mit Fristsetzung bis zum 29.03.2012 leistete er nicht.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass hier gem. § 28 Abs. 3 a) dd) ARB 2000 kein Versicherungsschutz bestehe. Die Klausel lege eindeutig und unmissverständlich fest, dass bei Streitwerten von über 250.000 € insgesamt kein Versicherungsschutz bestehe. Sie habe daher ihre Kostendeckungszusage widerrufen dürfen. Zudem habe sie die Kostendeckung auch nur unter einem entsprechenden Vorbehalt zugesagt. § 28 Abs. 3 a) dd) ARB 2000 sei daher für den Beklagten nicht überraschend oder intransparent. Da der Beklagte die Kostendeckungszusage nicht angegriffen habe, seien etwaige Ansprüche des Beklagten verjährt.
Die Klägerin beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.134,20 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 30.03.2012 zu zahlen,
2.
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 775,64 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2012 freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, § 28 Abs. 3 a) dd) ARB 2000 sei eine unwirksame Vertragsklausel. Die Regelung, dass bei Streitwerten von über 250.000 € Versicherungsschutz auch nicht anteilig bestehe, sei unklar und unverständlich. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließe sich nicht, dass der fehlende Versicherungsschutz nicht nur für Streitwerte gelte, die per se über 250.000 € liegen, sondern auch für Verfahren, in denen die Streitwertgrenze erst durch nachträgliche Addition weiterer Werte überschritten werde. Die Klausel könne von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur so verstanden werden, dass Versicherungsschutz stets bis zu einem Streitwert von 250.000 € bestehe, für darüber liegende Teile des Streitwerts aber nicht mehr. Es werde nicht klar, dass es bei Überschreitung der Streitwertgren...