Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz bei vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Zieht der Vermieter seine unberechtigte Eigenbedarfskündigung zurück, schließt dies die Kausalität für einen Schaden des Mieters nicht aus, wenn der Mieter infolge der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung bereits einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hatte und die neue Wohnung bezieht.
2. Die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei einer unberechtigten Kündigung entfällt gemäß BGB § 254 Abs 1 nur dann, wenn das Fehlen eines Kündigungsgrundes auf der Hand liegt oder wenn es dem Mieter aus anderen Umständen des konkreten Einzelfalls zumutbar ist, sich gegen die Kündigung zu wehren (so auch BGH, 1984-01-11, VIII ZR 255/82, NJW 1984, 1028).
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 3.445,96 DM aus positiver Vertragsverletzung wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung. Kündigt ein Vermieter ein Mietverhältnis gem. § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB, obwohl weder er noch seine Familienangehörigen die Mieträume benötigen, stellt dies eine positive Vertragsverletzung dar (OLG Karlsruhe WM 1982, 11). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. (wird ausgeführt)
Ist somit eine Vortäuschung des Eigenbedarfs durch den Beklagten bewiesen, so ist auch die Kausalität zwischen der Täuschung und dem Auszug der Kläger zu bejahen. Der schließlich freiwillige Auszug der Kläger schließt die Kausalität nicht aus. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn die Kläger zum Ausdruck gebracht hätten, daß sie das Mietverhältnis unabhängig von den vom Beklagten zuvor geltend gemachten Kündigungsgründen hätten beenden wollen (BayObLG WM 1982, 203). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Kläger lediglich dem Auszugsverlangen des Beklagten nach mehreren Monaten schließlich nachgegeben haben. Daß der Beklagte seine Kündigung "zurückgezogen" hatte und das Mietverhältnis fortsetzen wollte, schließt die Kausalität nicht aus, da die Kläger infolge der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung bereits einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hatten und schon aus Gründen der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verpflichtet waren, nicht das Risiko eines noch höheren Schadens einzugehen, der in der Verpflichtung zur Zahlung von Mietzins für mehrere Monate gegenüber dem neuen Vermieter hätte bestehen können.
Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht nach § 254 Abs. 1 BGB wegen Mitverschuldens ausgeschlossen, weil die Kläger sich nicht gegen die Kündigung zur Wehr gesetzt haben. Nur wenn das Fehlen eines Kündigungsgrundes auf der Hand liegt oder wenn es dem Mieter aus anderen Umständen des konkreten Einzelfalls zumutbar ist, sich gegen die Kündigung zu wehren, kann eine Schadensersatzpflicht des Vermieters nach § 254 Abs. 1 BGB entfallen (BGH NJW 1984, 1028). Dabei braucht der Mieter die Angaben des Vermieters nicht zu überprüfen. Er kann vielmehr auf deren Richtigkeit vertrauen (OLG Karlsruhe WM 1982, 11 ff.). Da die Kläger keine Anhaltspunkte für eine Vortäuschung des Eigenbedarfs hatten, bis der Beklagte die Kündigung plötzlich "zurückzog", sind die Voraussetzungen des § 254 Abs. 1 BGB nicht erfüllt und ist ein Schadenersatzanspruch demnach nicht gemindert oder gar ausgeschlossen.
Die Kläger können somit Ersatz ihres durch den Umzug entstandenen Schadens verlangen. Dieser Schaden beläuft sich auf 3.445,96 DM. Dieser Schaden setzt sich wie folgt zusammen:
Die Kläger können die Umzugskosten in Höhe von 1.065,96 DM verlangen. Daneben haben sie Anspruch auch auf Trinkgeld in Höhe von 80,-- DM. Die Hingabe von Trinkgeld im Bereich des Möbeltransportes hat ein derartiges Maß an Üblichkeit erreicht, daß dieser Betrag nach Auffassung der Kammer gem. § 249 Satz 1 BGB zu ersetzen ist. Darüber hinaus sind auch die Renovierungskosten zu ersetzen, die die Kläger im Hause des Beklagten bei Auszug aufgewandt haben. Denn die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht ausgeführt worden . . . Ein Vorteilsausgleich für anteilige Renovierungskosten ist nicht unter dem Gesichtspunkt vorzunehmen, daß die Kläger bereits einige Zeit in der Wohnung gelebt hatten. Eine Vorteilsausgleichung wegen anteiliger Renovierungskosten käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Kläger nach dem Mietvertrag im Rahmen eines Fristenplans zur Renovierung verpflichtet gewesen wären. Dies war indes nicht der Fall, weil sie nach § 18 des Mietvertrages lediglich zur Renovierung beim Auszug verpflichtet waren.
Demgegenüber ist der Betrag von 47,80 DM für Deckenleuchten nicht bewiesen. Die Kläger haben keinen Beweis dafür angetreten, daß die neu angeschafften Deckenleuchten aufgrund der Beschaffenheit der neuen Wohnung erforderlich und deshalb nach § 249 Satz 1 BGB zu ersetzen waren.
Fundstellen