Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungskauf: Anfechtung des Kaufs einer Eigentumswohnung bei Verschweigen von bevorstehenden Sanierungsmaßnahmen
Orientierungssatz
Der Verkäufer einer Eigentumswohnung ist verpflichtet, den Käufer über bevorstehende umfangreiche und kostenintensive Sanierungsmaßnahmen zu unterrichten, und zwar selbst dann, wenn die Sanierungsmaßnahmen Schritt für Schritt durch die Instandhaltungsrücklage erbracht werden sollen. Das Verschweigen der bevorstehenden Sanierung begründet ein Anfechtungsrecht des Käufers wegen arglistiger Täuschung.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 60.647,56 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe sämtlicher Schlüssel für die streitgegenständliche Wohnung (Eigentumswohnung in der Wohnanlage ... in ..., Wohnung mit der Nr. ... des Aufteilungsplanes, im Haus ... Nr. ..., Erdgeschoss rechts) und sämtlicher an die Kläger übergebenen Unterlagen (Adressliste Eigentümer, Wirtschaftspläne, Eigentümerversammlungsprotokolle, Jahresabrechnungen, Heizkostenabrechnungen, Pkw-Stellplatzplan, Verwaltervertrag, Informationsbroschüre zur Wohnanlage)
Sowie
Zug um Zug gegen die Bewilligung zur Löschung der zu Gunsten der Kläger im Grundbuch ..., ... in Abt. ... (GB) GR-Nr.: ... eingetragenen Erwerbsvormerkung.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger fordern von der Beklagten Kaufpreisrückerstattung nach Anfechtung eines Vertrages über den Kauf einer Eigentumswohnung.
Durch notariellen Kaufvertrag vom 20.09.2001 kauften die Kläger von der Beklagten die Eigentumswohnung Nr. ... in der Wohnungseigentumsanlage ... in ... zum Kaufpreis von 148.500,- DM.
Nach dem Kaufvertrag wird der "Grundbesitz (...) verkauft ohne Gewähr (...) für sichtbare oder unsichtbare Sachmängel der aufstehenden Gebäulichkeiten in dem Zustand, in dem sich diese gegenwärtig befinden und wie sie von dem Käufer vor der Beurkundung besichtigt worden sind."
Weiter enthält der Kaufvertrag eine Klausel, wonach "der Verkäufer versichert, dass außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten in diesem Wirtschaftsjahr bisher nicht angefallen sind. Es ist ihm auch nicht bekannt, dass solche Kosten bevorstehen".
Vor Kaufvertragsabschluss hatten die Kläger die Wohnung am 08.08.2001 und am 13.09.2001 besichtigt und waren mit der Beklagten in Kaufvertragsverhandlungen getreten. Schon am 08.08.2001 hatten die Parteien einen Vorvertrag geschlossen.
Zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen befand sich an dem Haus Nr. ... der Wohnanlage ... ein Gerüst, welches im Zuge von Sanierungsarbeiten errichtet worden war.
Das Gerüst war bei den Besichtigungsterminen zwischen den Parteien Gesprächsthema, allerdings streitigen Inhalts.
Die Sanierungsarbeiten waren erforderlich geworden, da Anfang August 2000 von der 9. und 10. Etage des Hauses Nr. ... zwei Balkonbrüstungen herabgestürzt waren.
Über diesen Vorfall wurde auf der Eigentümerversammlung vom 17.10.2000 beraten. Die Beklagte, die von Mai 1999 bis Januar 2001 Mitglied des Verwaltungsbeirates der Wohnungseigentümergemeinschaft war, war bei der Versammlung am 17.10.2000 zugegen: Es wurde eine Sanierungsbedürftigkeit der Balkone des Hauses Nr. ... sowie aller weiteren Balkone mit einem Gesamtkostenaufwand von ca. DM 600.000,00 festgestellt. Zur Finanzierung des Sanierungsaufwandes wurden Sonderumlagen beschlossen, und zwar in Höhe von 20,- DM pro qm Wohnfläche, zahlbar bis zum 28.2.2001 und 31.12.2001, und in Höhe von 35,- DM pro qm Wohnfläche, zahlbar bis zum 31.10.2000 und 30.4.2001.
Auf einer weiteren Eigentümerversammlung am 20.06.2001 zeichnete sich ab, dass im Rahmen der durchgeführten Sanierungsarbeiten die Kosten der Gesamtmaßnahme nunmehr mit ca. DM 900.000,00 veranschlagt werden müssten. Es wurde daher beschlossen, mit den zur Zeit zur Verfügung stehenden Finanzierungsmitteln in Höhe von 600.000,- DM zunächst die der Witterung ausgesetzten Balkone an der Süd-Westseite nach dem Sanierungskonzept zu bearbeiten, und zwar die jeweils oberen zwei Drittel der Gebäude. Nach Durchführung dieser Arbeiten sollte der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Zwischenbericht erstattet und sodann im Rahmen der nächsten Wohnungseigentümerversammlung über die weitere Vorgehensweise erneut Beschluss gefasst werden.
Die Beklagte leistete schließlich - für die Sanierung der Umlaufbalkone - im Februar, April und Juli 2001 Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt 4.370,85 DM.
Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 20.09.2001 übergab die Beklagte den Klägern am 16.10.2001 die Wohnung nebst Schlüsseln und sämtlichen erforderlichen Unterlagen, u.a. den Eigentümerversammlungsprotokollen.
Ein gemeinsames Übergabeprotokoll wurde nicht erstellt.
Wegen angeblicher Mängel am Kaufobjekt und wegen des anstehenden weiteren Sanierungsaufwands der Wohnanlage erklärten die Kläger m...