Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Aus der Räumung der Wohnung einschließlich der Rückgabe der Wohnungsschlüssel deutlich vor Ablauf des Mietverhältnisses folgt nicht zwangsläufig die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Mieters hinsichtlich vertragsgemäß noch durchzuführender Schönheitsreparaturen.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Den Klägern steht kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten wegen unterlassener Schönheitsreparaturen zu. Ein solcher Anspruch kann nicht auf § 326 BGB unmittelbar gestützt werden, weil die Kläger vor Fälligkeit der Renovierungsverpflichtung der Beklagten am Ende des Mietverhältnisses tätig wurden und einen Renovierungsauftrag vergaben. In Rechtsprechung und Literatur ist zwischenzeitlich allgemein anerkannt, daß die vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturen als synallagmatische Hauptleistungspflicht grundsätzlich unter den Regelungsbereich des § 326 BGB fällt (BGH NJW 1977, 36f. m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB, 46. Aufl., § 326 Anm. 3b) a.E. m.w.N.). Die Anwendbarkeit des § 326 BGB erfordert jedoch im weiteren mindestens die Fälligkeit der den Mieter treffenden Leistungsverpflichtung. Der Grund ist darin zu sehen, daß eine vor Fälligkeit ausgesprochene Mahnung wirkungslos ist und damit die an den Eintritt des Verzuges - als Tatbestandsvoraussetzung des § 326 BGB - geknüpften Folgen nicht eintreten können (vgl. BGH NJW 1986, 842). Gleichwohl wird bei zweifelsfreier, ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit angesichts der hierin liegenden positiven Vertragsverletzung des Schuldners die Vorschrift des § 326 BGB entsprechend angewandt (BGH NJW a.a.O., 843; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 326 Anm. 6b). Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an, weil der Normzweck des § 326 BGB und die Interessenlage bei einer endgültigen Erfüllungsverweigerung vor oder nach Fälligkeit einer Leistung identisch sind. Es kann von einem Gläubiger bei zweifelsfreier Leistungsverweigerung des Schuldners nicht erwartet werden, (erneut) abzumahnen, wenn von vornherein feststeht, daß dies nur eine Förmelei darstellt, an der Situation jedoch nichts ändert.
Wie im Falle einer Ersatzvornahme des Gläubigers nach Fälligkeit bzw. Verzugsbeginn ist auch in diesem Falle stets sorgfältig und streng zu prüfen, ob die Weigerung des Schuldners, die (noch nicht fällige) Leistung zu erbringen, ernsthaft und endgültig ist und aus diesem Grunde eine Abmahnung reine Förmelei und ein weiteres Zuwarten vergeblich wäre.
Im Anschluß an die Entscheidung des BGH (WM 1982, 296f.) ist in diesem Zusammenhang dem Auszug des Mieters, verbunden mit der Rückgabe der Schlüssel, eine beachtliche Bedeutung beizumessen. Gleichwohl erfordert die Prüfung der Ernsthaftigkeit und Endgültigkeit der Erfüllungsverweigerung stets eine tatrichterliche Würdigung der Umstände des Einzelfalles (OLG Celle WM 1982, 317). Dies bedeutet, daß an einen Auszug der Mieter und die Rückgabe der Schlüssel nicht zwangsläufig die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung geknüpft werden kann. So liegt der Fall hier. Anders als im vorzitierten Fall des BGH sind die Beklagten, zuletzt auch die Beklagte zu 2), noch deutlich vor Ablauf des Mietverhältnisses aus den gemieteten Räumen ausgezogen. Über die Dauer des Mietverhältnisses bestand zumindest bei den Klägern, wie die vorprozessualen Ausführungen des Klägervertreters und auch der Inhalt der Klageschrift zeigen, kein Zweifel. Es lag demnach zwischen dem Auszug und dem Fälligwerden der geschuldeten Leistung ausreichend Zeit, eine gegebenenfalls erforderlich werdende Renovierung der Wohnung vorzunehmen. Hinzu kommt, daß die Beklagte zu 2) in die nähere Umgebung verzogen ist und angesichts der den Klägern bekannten neuen Wohnungsanschrift jederzeit erreichbar und ansprechbar war. Ferner erlangt der Umstand Bedeutung, daß trotz der Auffassung der Beklagten, zu Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet zu sein, die Tochter der Beklagten, die Zeugin Z., noch vor Ablauf der Mietzeit und der ursprünglich gesetzten Frist zur Vornahme der Schönheitsreparaturen sich um die Wohnungsschlüssel bemüht hat. Nach ihrer insoweit nicht angegriffenen Aussage geschah dies im Auftrage der Beklagten zu 2), die sich noch einmal über die Ordnungsgemäßheit des Wohnungszustandes vergewissern wollte.
Die Situation für die auf Schadensminderung bedachten Kläger war keineswegs so zweifelsfrei, daß sie von einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung der Beklagten ausgehen durften. Nachdem sie selbst mit Schreiben v. 8.5.1985 eine Frist zur Durchführung der Schönheitsarbeiten bis zum 31.7.1985 gesetzt hatten, hätte sie die Untätigkeit der Beklagten bis Mitte Juli 1985 zunächst veranlassen müssen, die bestehenden Zweifel zu beseitigen. Die in der Rechtsprechung geforderten strengen Anforderungen an die Annahme einer endgültigen Erfüllungsverweigerung müssen bei Zweifelhaftigkeit der Umstände den Gläubiger veranlasse...