Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung

 

Verfahrensgang

AG Leipzig (Urteil vom 19.07.2001; Aktenzeichen 11 C 2843/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 19.07.2001 (Az.: 11 C 2843/01) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

– Streitwert des Berufungsverfahrens: 4.090,33 EUR –

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die – zulässige – Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten keine Räumung der Wohnung im 1. OG links des Anwesens … in Leipzig beanspruchen. Dahinstehen kann, ob die Aktivlegitimation … der Klägerin noch fortbesteht oder ob ein Eigentumswechsel auf die … Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG stattgefunden hat. Denn die außerordentliche bzw. hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen der Klägerin vom 19.02.2001 und vom 08.05.2001 beendeten das Mietverhältnis zu den Beklagten über die genannte Wohnung nicht. Die von dem Beklagten zu 2 in Südost Journal vom Februar 2001 (Anlage K 1, Bl. 10 d. A.) publizierten Äußerungen und seine von der Klägerin beanstandete Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Leipzig am 23.04.2001 begründen ein berechtigtes Kündigungsinteresse wegen nicht unerheblicher schuldhafter Verletzung vertraglicher Pflichten nicht (§ 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB b.z.w. § 554 a BGB a.F.). Die Kammer verkennt nicht, dass die Äußerungen an der Grenze dessen liegen, was einem Vermieter zumutbar ist. Die Grenze für eine zur Kündigung genügend erhebliche Störung des Mietverhältnisses ist jedoch (noch) nicht überschritten.

1. Ehreverletzende Äußerungen und ähnliches können der Wahrnehmung berechtigter Interessen unterfallen und daher vom Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG umfasst sein. Es hat sodann eine Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 GG und dem Recht der persönlichen Ehre nach Art. 19 Abs. 3 GG zu erfolgen. Allerdings sind vom Schutz der Meinungsfreiheit Verleumdungen im Sinne von § 187 StGB, d. h. die Verbreitung von unwahren Tatsachen wider besseres Wissen nicht umfasst. Gleiches gilt für unwahre Tatsachenbehauptungen, deren Unwahrheit der Äußernde kennt bzw. deren Unwahrheit für den Äußernden evident ist. Vom Schutzbereich des Art. 5 GG ausgenommen sind beleidigende Werturteile, wenn sie sich in formalen Beleidigungen – ohne Sachzusammenhang – erschöpfen bzw. die Grenze zur Schmähkritik überschreiten. Das ist dann der Fall, wenn die Äußerung nicht mehr im Zusammenhang mit der Sache steht und allein die Diffamierung der verletzten Person im Fordergrund steht. Zu beachten ist, dass die Grenze reiner Tatsachenbehauptungen sehr eng gezogen wird; ein dem Schutzbereich des Art. 5 GG unterfallendes Werturteil liegt auch dann vor, wenn eine tatsachenhaltige Äußerung durch Elemente der Stellungnahme, oder des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt ist (vgl. Tröndle, StGB, § 193 Rn. 2 ff.). Ist danach der Anwendungsbereich des Art. 5 GG eröffnet, so ist zu berücksichtigen, dass in Angelegenheiten öffentlicher Interessen eine Vermutung zugunsten der Meinungsäußerungsfreiheit anzunehmen ist.

2. Dies zugrunde legend gilt – wie das Amtsgericht in seinen Entscheidungsgründen zu Recht ausgeführt hat – für die streitgegenständlichen Äußerungen im Einzelnen folgendes:

a) Erklärungen im Südost Journal vom Februar 2001:

aa) Äußerung:

„… auf der anderen Seite nützen Geschäftsmitglieder wie z. B. Herr Beck seine Insiderkenntnisse und kaufte Fondsanteile … in Höhe von 50.000,00 DM, die eine jährliche Rendite von 8 % erbringen. Es gibt bestimmt viele Mieter, die auch an einer solchen Anlage mit 100-%-iger Sicherheit durch die Stadt Leipzig interessiert wären. Leider wurden die Fondsanteile an einem Multimillionär aus dem Spätzle-Ländle vergeben. …”

Zu Recht hat das Amtsgericht in dieser Äußerung den objektiven Tatbestand der üblen Nachrede im Sinne von § 186 StGB gesehen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils verwiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen hinreichend konkrete Anhaltspunkte zur Annahme einer Verleumdung im Sinne von § 187 StGB nicht vor. Denn dies setzt voraus, dass „wider besseres Wissen” gehandelt wird. Ebenso wenig kann die Kammer davon ausgehen, dass dem Beklagten zu 2) – wie die Klägerin behauptet – die Unwahrheit der Tatsachen bekannt war oder dass sich diese ihm aufdrängte. Die Beweislast hierfür – anders als für die Wahrheit oder die Unwahrheit der Behauptung – obliegt der Klägerin. Der Beklagte hat geltend gemacht, dass er sich nicht bewusst war, einen Terminus Technicus im Sinne des WPHG mit dem Begriff „Insiderkenntnisse” zu verwenden. Im Übrigen wollte er die Angaben zur Durchschnittsrendite und zur 100 %-igen Absicherung durch die Stadt Leipzig aus den Informationen im Fondsprospekt der Klägerin (Anlage zum Schriftsatz der Beklagt...

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