Leitsatz (amtlich)

Gehen auf einem P-Konto zum Ende eines Kalendermonats Sozialleistungen ein, die zur Bestreitung des Lebensunterhalt im Folgemonat bestimmt sind, können diese Beträge auf Antrag freigegeben werden, auch wenn der nach § 850 k Abs. 1 ZPO gewährte pfandfreie Betrag im Monat der Gutschrift bereits ausgeschöpft ist, Anschluss an LG Essen Rpfleger 2010, 606.

 

Normenkette

ZPO § 850k Abs. 1, § 765a

 

Verfahrensgang

AG Lübeck (Entscheidung vom 01.02.2011; Aktenzeichen 51 M 4541/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 18.01.2011 wird verworfen.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 01.02.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerdeverfahren trägt der Gläubiger.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Gläubiger erwirkte wegen einer auf gut 750,- EUR angewachsenen Forderung den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 04. Oktober 2010, durch er die Ansprüche des Schuldners aus Bankverbindung mit der Drittschuldnerin pfänden und sich zur Einziehung überweisen ließ. Der Schuldner führt bei der Drittschuldnerin ein P-Konto. Er ist ledig und 2 Kindern dem Grunde nach zum Unterhalt verpflichtet, leistet jedoch keinen Unterhalt. Das Zustelldatum an die Drittschuldnerin ist nicht bekannt.

Am 14. Januar 2011 beantragte der Schuldner zu Protokoll des Vollstreckungsgerichts, die Pfändung seines P-Kontos teilweise aufzuheben und einen einmaligen Betrag von 361,46 EUR für Dezember 2010 zusätzlich freizugeben. Er beziehe ALG II. Über den am 30. Dezember 2010 von der Bundesagentur für Arbeit gutgeschriebenen Betrag von 502,53 EUR für Januar 2011 habe er im Dezember 2010 nur noch in Höhe von 100,- EUR verfügen können. Im Januar 2011 sei über weitere 151,07 EUR verfügt worden, von denen aber 41,07 EUR von der Drittschuldnerin veranlasst sein müssten. Der Restbetrag von 361,46 EUR (502,53 EUR - 100,- EUR - 41,07 EUR) sei ihm auszubezahlen. Aus den beigefügten Kontoauszügen für den Zeitraum 29.11.2010 bis 10.01.2011 sind neben der Gutschrift des Betrages von der Bundesagentur für Arbeit mehrere Bareinzahlungen am Geldautomat im Dezember 2010 in Höhe von zusammen 445,- EUR ersichtlich, zudem erfolgten eine Gutschrift von 132,50 EUR über PAYPAL sowie eine weitere über 40,- EUR von der Bundesagentur für Arbeit. Der Haben-Saldo zum 10. Januar 2011 beträgt 378,69 EUR.

Mit dem Beschluss vom 18. Januar 2011 hat das Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einstweilen eingestellt und angeordnet, dass gepfändete Beträge von der Drittschuldnerin bis zur endgültigen Entscheidung einzubehalten seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 21. Januar 2011 eingegangene (sofortige) Beschwerde des Gläubigers (7 T 50/11), mit der geltend gemacht wird, der Kontoauszug des Schuldners weise aus, dass dieser auch noch über anderes Einkommen in erheblicher Höhe verfüge. Die Miete werde von der Bundesagentur für Arbeit zusätzlich direkt bezahlt.

Mit dem Beschluss vom 01. Februar 2011 hat das Vollstreckungsgericht dem Antrag des Schuldners entsprochen und den Beschluss vom 18. Januar 2011 aufgehoben. Es sei dem Schuldner nicht zuzumuten, auf seine ihm für Januar 2011 zustehenden Sozialleistungen zu verzichten. Es komme bei der Anwendung des § 850 k Abs. 1 ZPO nicht auf die Art der Einkünfte an, die auf dem P-Konto des Schuldners eingehen. Vielmehr stehe ihm der Freibetrag von 985,15 EUR unabhängig von der Quelle der Gutschriften zu. Der Schuldner habe über die Sozialleistungen in Höhe von 361,46 EUR noch nicht verfügt, diese könne er zusätzlich zu dem Freibetrag von 985,15 EUR beanspruchen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Mit seiner (sofortigen) Beschwerde vom 08. Februar 2011 (7 T 46/11) macht der Gläubiger geltend, der Schuldner habe (unter Einbeziehung der am 30.11.2010 erfolgten Gutschrift in Höhe von 563,- EUR von der Bundesagentur für Arbeit) im Dezember 2010 Einnahmen in Höhe von nicht ganz 1.200,- EUR gehabt. Außerdem fehle der Kontoauszug Nr. 34 (richtig: 35), auf dem weitere Gutschriften zu vermuten seien; wahrscheinlich wisse der Schuldner, weshalb er diesen Auszug nicht vorgelegt hat. Auch für Januar 2011 seien bereits wieder Guthabeneinzahlungen in Höhe von insgesamt 110,- EUR zu verzeichnen. Der Beschluss sei aufzuheben, die gepfändeten Beträge an ihn auszukehren.

Das Vollstreckungsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 18. Januar 2011 ist schon nicht statthaft. Es handelt sich nämlich um eine einstweilige Anordnung zur Vorbereitung der Haupt-sacheentscheidung, die nicht mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist, vgl. nur Zöller-Stöber § 732 Rn. 17 und § 769 Rn. 13. Insoweit ist auf die analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu verweisen.

2.

Die nach § 793 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 01. Februar 2011 hat keinen Erfolg.

Im Ausgangspunkt kann der Schuldner n...

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