Verfahrensgang
AG Hannover (Urteil vom 26.10.2010; Aktenzeichen 483 C 3145/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover zum Az. 483 C 3145/10 vom 26.10.2010 geändert. Der Beschluss der Eigentümerversammlung der WEG …, vom 17.02.2010 zum TOP 10 „Beschlussfassung über die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft und der direkt betroffenen Eigentümer der Wohnungen Nr. 2 (…), Nr. 3 (…), Nr. 5 (…), Nr. 6 (…), Nr. 8 (…), Nr. 9 (…), Nr. 11 (…), Nr. 12 (…), Nr. 14 (…) zu dem nachträglichen Setzen einer Balkonkonstruktion unter Festsetzung der Kostentragungspflicht der Baumaßnahmen.” wird für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufung tragen die Beklagten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 41.750,00.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft … betreffend die Errichtung einer Balkonanlage.
Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst gemäß § 540 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 26.10.2010 (Bl. 232 ff d.A.).
Zu ergänzen ist Folgendes: Bei dem Gebäude … handelt es sich um einen aus Trümmern errichteten Nachkriegsbau mit eher schlichter Fassade und einem Innenhof. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Fotos Bl. 158–161 d.A. und Bl. 165 d.A. sowie auf Bl. 208–215 d.A. Hinsichtlich der geplanten Balkone wird Bezug genommen auf die Gebäudeskizze Bl. 162 d.A. Bei den Nein-Stimmen betreffend den angefochtenen Beschluss handelt es sich um diejenigen des Klägers sowie seines Sohnes …. Letzterer hat seine Wohnung (Nr. 5) zwischenzeitlich an den Kläger veräußert.
Das Amtsgericht hat die Klage auf Ungültigerklärung des Beschlusses mit Urteil vom 26.10.2010 abgewiesen. Es hat insoweit für die Beschlussfassung die qualifizierte Mehrheit gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 WEG genügen lassen. Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der Berufung vollumfänglich weiter und wiederholt insoweit sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Amtsgerichts Hannover zum Az. 483 C 3145/10 vom 26.10.2010 wird aufgehoben und
- der Beschluss der Eigentümerversammlung der WEG …, vom 17.02.2010 zum TOP 10: „Beschlussfassung über die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft und der direkt betroffenen Eigentümer der Wohnungen Nr. 2 (…), Nr. 3 (…), Nr. 5 (…), Nr. 6 (…), Nr. 8 (…), Nr. 9 (…), Nr. 11 (…), Nr. 12 (…), Nr. 14 (…) zu dem nachträglichen Setzen einer Balkonkonstruktion unter Festsetzung der Kostentragungspflicht der Baumaßnahmen.” wird für ungültig erklärt.
- hilfsweise die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 26.10.2010, Az. 483 C 3145/10, zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und wiederholt und vertieft insoweit ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2011 (Bl. 342 f. d.A.).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.02.2010 zum TOP 10 war für ungültig zu erklären, da er sich nicht im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung hält.
Das Amtsgericht hat insoweit zu Unrecht das wirksame Zustandekommen des angefochtenen Beschlusses angenommen. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts war für die Beschlussfassung zu dem in Rede stehenden TOP 10 Einstimmigkeit gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG erforderlich. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Bei den geplanten Balkonen handelt es sich um bauliche Veränderungen i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG. Eine bauliche Veränderung ist jede auf Dauer angelegte nicht ganz unerhebliche gegenständliche Umgestaltung oder Veränderung des Erscheinungsbildes des gemeinschaftlichen Eigentums in Abweichung vom Zustand bei Entstehung des Wohnungseigentums (Palandt/Bassenge, 69. Aufl., § 22 WEG Nr. 1) sowohl des Gebäudes als auch des Grundstücks. Dies ist hier der Fall, da sich durch das Anbringen von Balkonen das Erscheinungsbild der bisher schlichten Fassade erheblich verändert. Derartige bauliche Veränderungen bedürfen nur dann nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, wenn sie die Rechte des bzw. der nicht Zustimmenden nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigen (1.) oder wenn ein Fall des § 22 Abs. 2 WEG vorliegt (2.). Beides ist vorliegend nicht der Fall.
1.
Der Kläger ...