Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerberaummiete in einer neu zu eröffnenden Ladenpassage: Vorzeitige Vertragskündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage
Orientierungssatz
Ein Gewerberaummietvertrag über Räume für ein Blumen- und Pflanzengeschäft in einer neuen Ladenpassage (Einkaufs- und Geschäftszentrum) hat zur Geschäftsgrundlage, daß die Ladenpassage auch ansonsten vollvermietet und damit voll funktionsfähig ist. Kommt es entgegen dem Konzept des Vermieters nicht zur vertragsgemäßen Nutzung auch der übrigen Geschäfte in der Ladenpassage, kann sich der Mieter durch "Kündigungsschreiben" wirksam vorzeitig vor Ablauf der 10jährigen Vertragsdauer unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vom Vertrag lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vermieter nach den Umständen des Einzelfalls die Funktionsfähigkeit der neu zu eröffnenden Ladenpassage zu seinem Risiko gemacht hat.
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 567,40 DM nebst 4% Zinsen aus 3.490,69 DM seit dem 05.01.1996 sowie auf jeweils 3.604,17 DM seit dem 06.02.1996, 06.03.1996, 04.04.1996, 07.05.1996 bis jeweils 01.07.1996 über den durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 20.03.1997 zugesprochenen Betrag zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 4/5, der Beklagte 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.600,00 DM. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 2.450,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Mietzins für die Überlassung von Gewerberäumen für die Monate Januar bis einschließlich Dezember 1996.
Mit Vertrag vom 28.03.1994/24.08.1994 mietete der Beklagte von dem Kläger Gewerberäume im H-Park in der B. Straße 5 in M. zum Betrieb eines Blumen- und Pflanzengeschäftes. Bei dem H-Park handelt es sich um ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch fertigzustellendes Einkaufs- und Geschäftszentrum, dessen gesamte Ladenpassage gemäß der dem Mietvertrag als Anlage beiliegenden Lageskizze vermietet werden sollte. Vereinbart wurde ein monatlicher Mietzins von 3.604,17 DM, der spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats im voraus zu entrichten war. Die Überlassung der Mieträume erfolgte am 01.09.1995. Das Mietverhältnis wurde zunächst auf zehn Jahre vereinbart.
Der Beklagte leistete seit Januar 1996 keine Mietzahlungen mehr. Mit Schreiben vom 01.04.1996 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis außerordentlich zum 01.07.1996. Mit Schreiben vom 04.04.1996 widersprach die Verwaltung des H-Parks der Kündigung.
Der Kläger meint, die Kündigung zum 01.07.1996 sei nicht wirksam erklärt worden, ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Weder bei Abschluß des Mietvertrages noch bei den vorausgegangenen Verhandlungen sei eine Vollvermietung der Ladenpassage behauptet bzw. zugesichert worden. Eine derartige Vollvermietung sei jedoch erreicht worden, einige Objekte seien jedoch von den Mietern nicht weiter betrieben worden. Ein außerordentliches Kündigungsrecht ergebe sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, da es in die Risikosphäre des Mieters falle, ob sich die von ihm erwarteten Gewinne realisieren ließen oder nicht.
Außerdem habe der Beklagte nicht wegen der unzureichenden Vermietung der Ladenpassage H Park sein Geschäftslokal aufgegeben, sondern die Gründe für die Aufgabe seines Betriebes seien in seiner Geschäftsführung zu sehen. Dies ergebe sich daraus, daß der Beklagte ein weiteres Blumengeschäft, das er in einer sehr gut besuchten Ladenpassage betrieben habe, ebenfalls aufgegeben habe.
Das Landgericht Magdeburg, 9. Zivilkammer, hat am 20.03.1997 Teil-Anerkenntnisurteil erlassen, in dem der Beklagte zur Zahlung von 8.944,14 DM verurteilt worden ist.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den anerkannten Betrag von 8.944,14 DM hinaus weitere 34.192,42 DM nebst jeweils 4% Zinsen auf 3.490,00 DM seit dem 05.01.1996 sowie auf jeweils 3.604,17 DM seit dem 06.02.1996, 06.03.1996, 04.04.1996, 07.05.1996, 06.06.1996, 04.07.1996, 06.08.1996, 05.09.1996, 07.10.1996, 07.11.1996 sowie 05.12.1996 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Die über das Teil-Anerkenntnisurteil hinausgehende Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte erwidert, dem Kläger stehe nur ein Mietzinsanspruch für die Monate Januar bis einschließlich Juni 1996 in Höhe von 20.494,14 DM zu. Gegen diesen Anspruch rechne er mit der von ihm gezahlten Mietkaution in Höhe von 12.000,00 DM auf. Ein darüber hinausgehender Mietzinsanspruch für die Monate Juli 1996 bis einschließlich Dezember 1996 bestehe nicht, da die außerordentliche Kündigung vom 01.04.1996 zum 01.07.1996 wirksam sei. Geschäftsgrundlage bei Abschluß des Mietvertrages sei eine florierende Ladenpassage im H-Park gewesen. Bei Abschluß des Mietvertrages sei z...