Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Eigenbedarfskündigung

 

Orientierungssatz

1. Verzichtet der Vermieter im voraus ausdrücklich auf eine Eigenbedarfskündigung für den Fall der Veräußerung eines von ihm bewohnten Zweithauses, so entfällt dieser vertragliche Kündigungsausschluß später nicht dadurch, daß sich die Vermögensverhältnisse des Vermieters verschlechtern. Eine solche Einschränkung hätte unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und nach dem Sinn eines Verzichts auf den Eigenbedarfstatbestand ausdrücklich erfolgen müssen.

2. Der vertragliche Kündigungsausschluß bedarf nicht der gesetzlichen Schriftform des BGB § 566.

 

Tatbestand

Der Kläger hat an die Beklagte aufgrund mündlicher Vereinbarung zum 1.10.1974 eine in seinem Haus in W., L.-Straße, gelegene 3-Zimmerwohnung auf unbestimmte Zeit vermietet. Vor Einzug, der am 18.1.1975 erfolgte, versicherte der Kläger zunächst dem Vater der Beklagten Ziffer 2 und anschließend dem Beklagten, daß ein Verkauf des von ihm bewohnten Einfamilienhauses in R., der damals geplant, aber nicht durchgeführt worden war, nicht bedeute, daß die Beklagten die Wohnung in W. verlassen müßten. Am 9.9.1976 verkaufte der Kläger wegen seiner schlechten finanziellen Lage, sein Haus in R. . Entsprechend der gegenüber dem Käufer eingegangenen Verpflichtung räumte er das Haus Anfang Dezember 1976 und wohnt seitdem mit seiner Frau in einem 1-Zimmer-Appartement.

Mit Anwaltsschreiben vom 30.8.1976 kündigte der Kläger den Beklagten zum 30.11.1976 wegen des sich aus dem Hausverkauf für ihn ergebenden Eigenbedarfs.

Der erhobenen Räumungsklage gab das Amtsgericht Weinheim durch Urteil vom 18.1.1977 statt, da Eigenbedarf iS des § 564b Abs II Ziff 2 BGB gegeben sei.

Wegen der Begründung sowie wegen des Vorbringens der Parteien vor dem Amtsgericht und der dort gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 4.3.1977 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 24.3.1977 Berufung ein, die sie zugleich begründeten.

Zur Begründung tragen sie ua vor, daß zwischen den Parteien eine Vereinbarung zustande gekommen sei, wonach sie beim Verkauf des Hauses in R. nicht ausziehen müßten. Hierdurch sei der Eigenbedarf als Kündigungsgrund wirksam ausgeschlossen worden. Mit Rücksicht auf diese Vereinbarung hätten sie - die Beklagten - die Wohnung mit einem Aufwand von ca 7.000,-- DM vollständig renovieren lassen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 18.1.1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt ua vor, daß er mit der 1977 abgegebenen Zusicherung keinen für immer geltenden Verzicht auf Eigenbedarf habe erklären wollen. Vielmehr sei die Erklärung auf die damalige Situation bezogen gewesen, in der er sich von dem Verkaufserlös ein neues Haus habe kaufen wollen. Da sich aber seine finanziellen Verhältnisse unvorhersehbar schlecht entwickelt hätten, sei dies 1976 nicht mehr möglich gewesen. Daher sei er auf die von den Beklagten innegehaltene Wohnung angewiesen. Die von den Beklagten vorgenommenen Investitionen seien auf eigenes Risiko und ohne seine Kenntnis sowie zum Teil schon vor Abgabe der Erklärung erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 511ff ZPO zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet, weil der Kläger das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht wirksam gekündigt hat und daher der Räumungsanspruch und Herausgabeanspruch unbegründet ist.

Der vom Kläger herangezogene Kündigungsgrund des Eigenbedarfs gem § 564b Abs I, Abs II Ziff 2 BGB trägt in vorliegendem Fall die Kündigung nicht; denn der Kläger hat vor Einzug der Beklagten in die Wohnung wirksam auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes verzichtet. Die von dem Kläger gegenüber dem Vater der Beklagten Ziff 2 und den Beklagten selbst im Dezember 1974 abgegebene Versicherung, daß ein Verkauf des Hauses in R. nicht bedeute, daß die Beklagten die Wohnung in W. verlassen müßten, ist als Verzichtserklärung zu werten. Die Beklagten als Erklärungsempfänger haben die Versicherung so verstanden - und konnten sie nur so verstehen -, daß der Kläger ihnen das Bestehenbleiben des Mietvertrages über ihre Wohnung auch für den Fall zusichern wollte, daß er sein Haus in R. verkaufen würde. Da der Kläger diese Zusicherung in keiner Weise einschränkte, waren keine für die Beklagten erkennbaren Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Zusicherung nur so lange gelten solle, wie sich die finanzielle Situation des Klägers nicht ändere. Eine solche Einschränkung hätte unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und nach dem Sinn eines Verzichts auf den Eigenbedarfstatbestand ausdrücklich erfolgen müssen; denn der Verzicht auf die Geltendmachung von Eigenbedarfsgründen soll den Mieter ja gerade die Sicherheit geben, auch unter im Zeitpunkt des Mietabschlusses nic...

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