Entscheidungsstichwort (Thema)
Renovierungspflicht bei Rauhfasertapeten
Orientierungssatz
1. Hat der Mieter vertraglich die Durchführung der Schönheitsreparaturen übernommen, so erfüllt er diese Verpflichtung hinsichtlich streichbarer Rauhfasertapeten durch ein ordnungsgemäßes Überstreichen mit Dispersionsfarbe.
2. Das gilt auch bei der Beendigung des Mietverhältnisses, weil dem Vermieter auch dann nicht das Recht zugebilligt werden kann, anläßlich eines Mieterwechsels jeweils die Beseitigung und Neuanbringung der Rauhfasertapete zu verlangen.
Tatbestand
Die Beklagten waren aufgrund Mietvertrages vom 14. April 1973 (Bl I 88ff) in der Zeit vom 15. Mai 1973 bis 31. Dezember 1974 Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung im Hause der Klägerin in M., Am A., die sie am 16. Dezember 1974 geräumt haben. Sie haben eine Kaution von 1.200,-- DM entrichtet. Die Wohnung war bei Einzug der Beklagten mit neuen Rauhfasertapeten ausgestattet.
Bezüglich der Schönheitsreparaturen ist in § 5 des Mietvertrages ua folgendes bestimmt:
Ziff 1: Schönheitsreparaturen, nämlich Anstrich und Tapezieren der Wände, Decken, Heizkörper und des Holzwerkes (Fenster innen), trägt der Mieter während der ganzen Dauer des Mietverhältnisses in voller Höhe auf eigene Kosten ... .
Ziff 4: Der Mieter verpflichtet sich, die Küche und das Bad spätestens nach Ablauf von jeweils 2 Jahren, die sonstigen Räume der Wohnung spätestens nach Ablauf von jeweils 3 Jahren neu herrichten zu lassen. Bei Beendigung des Mietverhältnisses gilt insoweit folgende Regelung:
Hat der Mieter Küche und Bad länger als 2 Jahre, die übrigen Räume länger als 3 Jahre benutzt, ohne diese Räume in dieser Zeit renoviert zu haben, so hat er spätestens am Tage des Auszugs die Kosten für die Renovierung dieser Räume dem Vermieter in voller Höhe zu bezahlen. Zieht der Mieter vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen aus, so muß er seiner Verpflichtung, Schönheitsreparaturen durchzuführen, durch Zahlung eines auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages zu ermittelnden Geldbetrages nachkommen, welche sich aus dem Verhältnis des Zeitraums der tatsächlichen Nutzung zum Zeitraum der Reparaturfristen prozentual errechnet. Die beim Auszug des Mieters entstehenden Ansprüche des Vermieters sind mithin Ansprüche auf Zahlung eines Geldbetrages. Berechnungsgrundlage für die Ansprüche gemäß § 5 Abs 4 ist ein von einer ordnungsgemäßen Fachfirma bei Beendigung des Vertrages rechtzeitig einzuholender Kostenvoranschlag. Liegen mehrere Kostenvoranschläge vor, so ist von dem preiswertesten auszugehen, sofern auch dieser von einer ordnungsgemäßen Fachfirma stammt und sämtliche Schönheitsreparaturen nach Maßgabe von § 5 Abs 1 berücksichtigt ... .
Die Klägerin, die der Auffassung ist, daß der von den Beklagten geschuldete Renovierungskostenanteil die Entfernung und das Wiederanbringen neuer Rauhfasertapeten umfaßt, hat vor dem Amtsgericht gegen die Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Renovierungskosten, auf Erstattung von Kosten für die Beseitigung von Schäden und auf anteilige Grundsteuererhöhung in Höhe von zusammen 3.066,06 DM abzüglich der Kaution von 1.200,-- DM geltend gemacht.
Die Beklagten, die sich weigern, Kosten für die Entfernung und das Wiederanbringen neuer Rauhfasertapeten zu tragen, gehen von einem Renovierungskostenanteil von 986,43 DM aus, den sie neben einem Betrag an anteiliger Grundsteuererhöhung von 90,60 DM von der Kaution von 1.200,-- DM abziehen, so daß ein von ihnen per Widerklage herausverlangter Betrag von 122,97 DM zu ihren Gunsten verbleibt.
Das Amtsgericht, welches die Klage im wesentlichen als begründet angesehen hat, verurteilte die Beklagten nach Vernehmung der Zeugen B, St. und D. M. (vgl Protokoll vom 2.2.1976, Bl I 98ff) durch Urteil vom 2.4.1976 zur Zahlung von 1.664,28 DM nebst 4% Zinsen an die Klägerin; wegen der Begründung sowie wegen des Vorbringens der Parteien vor dem Amtsgericht und der dort gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.4.1976 zugestellte Urteil ging einschließlich der Begründung am 29.4.1976 bei Gericht ein.
Die Beklagten tragen, wie schon im wesentlichen vor dem Amtsgericht, vor, daß sie nicht zur Entfernung und Anbringung neuer Rauhfasertapeten verpflichtet gewesen seien. Rauhfasertapeten könnten 5mal bis 6mal überstrichen werden. Es hätte daher zur Erfüllung der Renovierungsverpflichtung genügt, die bei Einzug neuwertigen und neu überstrichenen Rauhfasertapeten lediglich erneut zu überstreichen. § 5 Ziff 2 des Mietvertrages beziehe sich nur auf Mustertapeten. Entsprechend der von dem Zeugen D. M. in seinem Gutachten vom 8.3.1975 (Bl I 12ff) durchgeführten Berechnung hätten sie unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Mietdauer und unter Zugrundelegung des von ihnen eingeholten preiswertesten Kostenvoranschlags (der Firma G. über insgesamt 1.487,26 DM, Bl I 66) für Renovierungskosten lediglich einen Anteil von 986,43 DM an die Klägerin zu zahlen. ...