Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 21.08.1995; Aktenzeichen 423 C 2970/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts München vom 21.08.1995 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Entfällt gemäß §543 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die in der Berufungsverhandlung beantragte Feststellung der Erledigung in der Hauptsache war nicht auszusprechen, da die Räumungsklage von Anfang an unbegründet war. Aus diesem Grund war auch das amtsgerichtliche Urteil aufzuheben.
I.
Entgegen der Rechtsmeinung des Amtsgerichts hat die fristlose. Kündigung vom 08.08.1995 das Mietverhältnis nicht beendet. Die Vorfälligkeitsklausel dieses Mietvertrages (entsprechend dem Mustermietvertrag des Bundesministers der Justiz) in §3 des Mietvertrags in Verbindung mit der Regelung von Aufrechnung und Zurückbehaltung in §9 des Mietvertrages war nämlich unwirksam. Dies ergibt der Rechtsentscheid des BGH vom 26.10.1994 (Az.: VIII ARZ 3/94), veröffentlicht z.B. NJW 95, 254. In §3 des vorliegenden Mietvertrages war nämlich die Vorfälligkeit spätestens am 3. Werktag des Monats abweichend von §551 BGB vereinbart und in §9 des Mietvertrages unter der Überschrift „Aufrechnung und Zurückbehaltung” war vereinbart: „Der Mieter kann gegenüber Mietforderungen mit Gegenforderungen nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat”. Durch diese Regelung in §9 des Mietvertrages wird das Aufrechnungsrecht zwar nicht ausgeschlossen, aber in erheblicher Weise beschränkt. Der Mieter kann danach nämlich nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat. Dies führt stets zu einer Verzögerung der Aufrechnung um mehr als einen Monat. Nach der Vertragslage wäre der Mietzins jeweils bis zum 3. Werktag des laufenden Monats im voraus zu bezahlen, während mit einem Anspruch auf Rückzahlung wegen berechtigter Minderung überzahlten Mietzinses erst einen Monat später aufgerechnet werden könnte. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne von §537 Abs. 3 BGB, da dem Mieter die Möglichkeit genommen ist, bereits im Folgemonat mit dem Anspruch auf Rückzahlung des überzahlten Mietzinses aufzurechnen. Gemäß dem Rechtsentscheid des BGH (a.a.O.) ist damit sowohl die Vorfälligkeitsklausel wie auch die Aufrechnungsklausel im Mietvertrag unwirksam.
Da die Vorfälligkeitsregelung mithin unwirksam vereinbart war, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung des §551 BGB. Die vom Amtsgericht gemäß der fristlosen Kündigung vom 08.08.1995 festgestellten Zahlungsrückstände sind mithin nicht eingetreten.
Die fristlose Kündigung vom 07.06.1995 hat das Mietverhältnis nicht nach §554 BGB beendet, da für August 1993 wegen des Mietbeginns erst am 15.08.1993 nur eine halbe Monatsmiete zu zahlen war und der weitere behauptete (bestrittene) Rückstand erst den Monat Juli 1994 betrifft.
Die Kündigung vom 27.03.1995 (Anlage K 2, Blatt 12 d.A.) nach §554 BGB war unbegründet. Hinsichtlich der Augustmiete 1993 gilt das oben Gesagte. Die Zahlung für Juli 1994 ist bestritten. Der damals weiterhin behauptete Mietrückstand für März 1995 ist noch vor Zugang der Kündigung am 12.05.1995 bezahlt worden.
Auch die Kündigung vom 19.04.1995 (Anlage K 3, Blatt 15 d.A.) nach §554 BGB war unbegründet: Für die Augustmiete 1993 gilt das oben Gesagte, die Zahlung der Miete für Juli 1994 ist bestritten. Die Märzmiete 1995 ist unstreitig vor Zugang der Kündigung bezahlt worden. Die Aprilmiete 1995 ist am Tag des Zugangs der Kündigung, nämlich am 12.05.1995, bezahlt worden (§554 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Die fristlose Kündigung vom 13.10.1995 war nicht Gegenstand des amtsgerichtlichen Verfahrens und stellte in der Berufung eine nicht sachdienliche Klageänderung dar (§263 ZPO), da es sich um einen neuen Streitgegenstand handelt, der wegen des Bestreitens der Zahlungspflicht mit Gegenansprüchen aus behaupteten Mängeln der Mietsache und behaupteter Mietpreisüberhöhung ohne Beweiserhebung nicht zu klären ist.
Da mithin keine der erklärten Kündigungen begründet war, ist die Räumungsverurteilung durch das Amtsgericht aufzuheben gewesen.
Da die Klage von Anfang an unbegründet war, war die zuletzt auf Feststellung der Hauptsacheerledigung gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten: §91 ZPO.
Streitwert für Berufungsverfahren: DM 20.400,– (§16 GKG).
Unterschriften
Thomma Vors. Richter am Landgericht, Clos Richter am Landgericht, Erler Richter am Landgericht
Fundstellen