Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Aufnahme der unterhaltsberechtigten Eltern in der Mietwohnung. Wohnraummiete: Vorlage zum Rechtsentscheid
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Es ist ein Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu folgenden Fragen einzuholen:
1. Stellt es einen unselbständigen Mitgebrauch an der Mietsache dar, wenn der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters seine Eltern auf Dauer in ein gemietetes Einfamilienhaus aufnimmt, weil er den Eltern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist?
2. Hat der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme seiner Eltern als Dritte gemäß BGB § 549 Abs 2, wenn er den unterhaltsbedürftigen Eltern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist und deshalb mit diesen eine auf Dauer angelegte Wohngemeinschaft begründen will?
Nachgehend
Tatbestand
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin hat mit Mietvertrag v. 31. 7. 1984 und Ergänzungsmietvertrag v. 11. 9. 1985 an die Beklagten zu 1) und 2) ein Einfamilienhaus vermietet. Vertraglich ist eine jeweils einjährige Verlängerung des Mietverhältnisses vereinbart. Der Mietzins beträgt seit 1991 monatlich 1.550, netto.
Bewohnt wurde das Haus neben den Beklagten zu 1) und 2) von deren 3 Kindern. Mit Zustimmung der Klägerin bauten die Beklagten zu 1) und 2) in der Folgezeit das Dachgeschoß aus (Wohnfläche: 33 qm, Gesamtwohnfläche des Hauses: 108 qm). Dieses Dachgeschoß bewohnte die älteste Tochter der Beklagten zu 1) und 2). Nach dem Auszug dieser Tochter überließen die Beklagten zu 1) und 2) das Dachgeschoß den Eltern der Beklagten zu 1) zur dauernden Nutzung.
Die Beklagten zu 1) und 2) tragen vor, sie hätten im Oktober 1993 die Eltern der Beklagten zu 1) in das ausgebaute Dachgeschoß einziehen lassen, weil der Vater der Beklagten zu 1) lediglich eine monatliche Rente von 280, DM beziehe. Daher hätten sich die Eltern der Beklagten zu 1) nicht leisten können, eine eigene Wohnung anzumieten. Darüber hinaus sei der Vater der Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt des Einzuges bereits krank gewesen. Er sei insulinpflichtiger Diabetiker und besitze lediglich eine verringerte Sehkraft. Im Rahmen der Unterhaltspflicht habe die Beklagte zu 1) daher ihre Eltern in das Haus aufgenommen.
Die Klägerin trägt vor, daß sie im Juli 1995 bemerkt habe, das mit ihrem Einverständnis ausgebaute Dachgeschoß des Hauses werde nunmehr von den Eltern der Beklagten zu 1) ständig bewohnt. Am Gartentor befinde sich auch ein eigenes Klingelschild, und ein eigener Briefkasten sei angebracht.
Mit Schreiben v. 26. 7. 1995 mahnte die Klägerin den ihrer Auffassung nach vertragswidrigen Gebrauch ab und forderte die Beklagten zu 1) und 2) zum Auszug der Eltern auf. Dies wiesen die Beklagten zu 1) und 2) zurück. Daraufhin kündigte die Klägerin mit Schreiben v. 22. 9. 1995 das Mietverhältnis fristlos und forderte die Beklagten auf, das Haus nebst Garage und Garten geräumt und in vertragsgemäßem Zustand herauszugeben.
Mit Urteil v. 13. 6. 1996 hat das AG Ebersberg die Klage als unbegründet abgewiesen. Dabei ging das AG davon aus, daß es Bestandteil der Lebensführung eines jeden Menschen sei zu entscheiden, wie und mit wem man zusammen sein Leben gestalten, also auch zusammenwohnen wolle. Dies schließe auch die Befugnis des Mieters ein, die Eltern mitaufzunehmen. Das AG meint, daß dies sich insbesondere aus der Verpflichtung ergebe, daß einander Unterhalt gewährt werden müsse. Dies könne auch durch Verschaffung von Unterkunft erfolgen. Auch die Eltern des Mieters seien Angehörige, deren Aufnahme nicht vertragswidrig sei, zumal keine Überbelegung vorliege.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die vom LG als Berufungsgericht zu entscheidende Rechtsfrage betrifft das Wohnungsmietrecht. Unabhängig von dem vorliegenden Rechtsstreit kann die Rechtsfrage abstrakt für eine Vielzahl von Fällen beantwortet werden. Sie betrifft nicht das Verfahrensrecht, sondern die Anwendung des § 549 Abs. 1 und 2 BGB und damit das materielle Recht.
Die Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Es ist zu erwarten, daß sich auch künftig die Frage stellt und unterschiedlich beantwortet wird. Soweit ersichtlich, ist diese Rechtsfrage noch nicht obergerichtlich entschieden. Ein RE darüber liegt, soweit ersichtlich, noch nicht vor.
Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei den Eltern eines Mieters nicht um Personen, deren Aufnahme in die Wohnung ohne Zustimmung als gerechtfertigt und damit als vertragsgemäß anzusehen ist, und zwar auch dann, wenn keine Überbelegung wie hier gegeben ist. Nach der Verkehrsauffassung ist der Mieter nicht ohne Erlaubnis des Vermieters berechtigt, seine Eltern in die Mietwohnung aufzunehmen. Eltern gehören nicht zu den Personen, mit deren Aufnahme ein Vermieter ohne weiteres zu rechnen hat im Gegensatz zu Ehegatten oder Kindern des Mieters. Zu dieser Auffassung sieht sich die Kammer auch deshalb veranlaßt, weil ke...