Nachgehend

OLG München (Urteil vom 23.10.2015; Aktenzeichen 10 U 2231/15)

 

Tenor

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin Teil-Schmerzensgeld von 2.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.10.2012 zu bezahlen.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin weitere 594,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2012 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch 10 %, die Klägerin 90 %.

V. Der Streitwert wird festgesetzt auf 25.000 EUR bis 11.04.2014 und auf 9.000,00 EUR seither.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten Ansprüche aus einem Verkehrsunfall. Am 09.10.2009 gegen 13:00 Uhr verließ die damals 14-jährige Klägerin den an der Bushaltestelle auf der …straße in … haltenden Linienbus und begab sich zu dessen Heck, um dort die Straße, die in Richtungsfahrbahn nicht durch einen Mittelstreifen getrennt sind, zu überqueren. Der Fahrer des hinter dem Bus befindlichen Pkw ließ die Klägerin passieren. Diese begab sich zwischen Bus und Pkw auf die Fahrbahn und wurde, als sie den Bereich der Gegenfahrbahn erreicht hatte, von dem von dem Beklagten zu 2) geführten, bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Pkw, dessen Haltern die Beklagte zu 3) ist, erfasst. Die Klägerin hat eine komplette Beckenringfraktur rechts, eine Gehirnerschütterung, eine HWS-Distorsion und eine Fraktur des oberen Schambeinastes mit nicht dislozierter Infraktion des unteren Schambeinastes rechts erlitten. In der Zeit vom 09. bis 19.10.2009 war sie im Klinikum … stationärer Behandlung.

II. Die Klägerin hat ursprünglich beantragt ein Teil-Schmerzensgeld von weiteren 9.000,00 Euro – die Beklagte hat auf das Schmerzensgeld bereits 5.000,00 Euro bezahlt –, die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 918,91 Euro sowie die Feststellung, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Erstattung aller weiteren immateriellen Schäden verpflichtet seien, wobei die Beklagte hinsichtlich der Unfallursache ein Mitverschulden von 30 % treffe, und dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet seien, der Klägerin über die außergerichtlich anerkannte Quote von 50 % hinaus weitere 20 % aller materiellen Schäden zu ersetzen.

Auf vorangegangenes Endurteil des Landgerichts Passau hat das Oberlandesgericht München mit Grund- und Teilurteil vom 114.2014 (Bl. 142 ff d.A.) entschieden, dass der Anspruch auf Zahlung eines Teil-Schmerzensgeldes für die Verletzung, die die Klägerin bei dem Unfall vom 9.10.2009 in der …straße in … erlitten habe, dem Grunde nach gerechtfertigt sei, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin hinsichtlich der Unfallursache ein Mitverschulden von 50 % treffe; der Klageanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden. Hinsichtlich der Höhe des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldanspruches sowie des Anspruches auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist der Rechtsstreits zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Passau zurückverwiesen worden.

Die gegen die Aberkennung der beantragten Feststellung, dass die Beklagten immaterielle Schäden zu ersetzen haben, gerichtete Berufung der Klägerin ist zurückgewiesen worden. Auf die Anschlussberufung der Beklagten hin ist die Klage, soweit sie auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht weiterer immaterieller Schäden gerichtet gewesen ist, abgewiesen worden.

III. Die Klägerin behauptet, in Folge des Unfalles unter phobischen Ängsten zu leiden und eine Angststörung erlitten zu haben, die trotz psychotherapeutischer Maßnahmen nicht überwunden sei. Sie habe nach dem Unfallereignis große Angst gehabt, die Straße zu überqueren und bei der Annäherung lauter Autos oder Motorräder das Gefühl gehabt, dass jeden Moment ein Unfall passieren könne. Bei Geschwindigkeitserhöhung im eigenen Auto habe sie ein massiv ungutes Gefühl gehabt. Wo möglich, habe sie die Überquerung von Straßen vermieden, gleichfalls habe sie den Unfallort seit dem Unfall gemieden. Deshalb vermeide sie Buslinien, die an dem Unfallort vorbeiführen. Inzwischen hat sie grundsätzlich kein Problem mehr mit der Straßenüberquerung versuche jedoch trotzdem zu vermeiden, die Straße zu überqueren. Laute Autos und Motorräder erregt noch etwas ihre Aufmerksamkeit. Bei schnellem Fahren ziehe sich weiterhin der Magen zusammen. Infolge des Beckenbruchs habe sie lange an der Schule gefehlt, deshalb sei es für sie schwierig gewesen, wieder Anschluss zu finden. Ihre Noten hätten sich verschlechtert, was sie sehr depremiert habe, mit Unterstützung von Freunden und der Klassenlehrerin habe sie aber 2013 die mittlere Reife Bildungsabschluss absolvieren können. Insbesondere bei schnellem Wetterwechsel habe sie starke Rückenschmerzen und habe desw...

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