Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Urteil vom 14.10.1997; Aktenzeichen 36 C 349/97) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Oktober 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken – AZ: 36 C 349/97 – wird als unzulässig verworfen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.080,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Beklagten haben seit dem 01.01.1981 in dem Anwesen der Kläger in der S. eine Wohnung auf unbestimmte Zeit gemietet, für die sie einen monatlichen Mietzins von zuletzt 470,– DM zu zahlen haben; insoweit wurde der Mietzins von ursprünglich 280,– DM im Jahre 1990 auf 320,– DM und wegen Modernisierungsmaßnahmen im Jahre 1991 um 55,– DM und im Jahre 1994 um 95,– DM erhöht. Die Kläger verlangen die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses ab dem 01.03.1997 auf 560,– DM. Das Amtsgericht Saarbrücken hat der Klage mit dem am 14.10.1997 verkündeten Urteil stattgegeben. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.
Die Berufung ist unzulässig und war deshalb gemäß § 519 b Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Unzulässig ist die Berufung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht, wie dies nach § 511 a ZPO erforderlich ist, 1.500,– DM übersteigt. Bei Mieterhöhungsklagen richtet sich der Wert der Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Berufungsgerichts gemäß den §§ 2, 3 ZPO unter Berücksichtigung von § 16 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag des zusätzlich geforderten Mietzinses (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 12. Dezember 1997, AZ: 13 BS 136/97). Nach Auffassung der Kammer wurde dieser Beurteilung infolge der Änderung von § 9 ZPO durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.11.1993 (Bundesgesetzblatt I, S. 50) nicht die Grundlage entzogen. § 9 ZPO findet nach Auffassung der Kammer auch nach seiner Änderung keine Anwendung auf die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes von Mieterhöhungsverlangen (so entgegen Bundesverfassungsgericht in NJW 1996, S. 1531 auch Landgericht Köln [12. Kammer] in WuM 1997, S. 279; Landgericht Köln [1. Kammer], WuM 1996, S. 716; Landgericht Darmstadt, NJW RR 1997, S. 775; Landgericht Bremen, WuM 1997, S. 334; Urteil der erkennenden Kammer vom 12. Dezember 1997, AZ: 13 BS 136/97).
Nach § 2 ZPO gelten die §§ 3 ff ZPO, wenn es wie nach § 511 a ZPO auf den Wert der Beschwer ankommt. Dabei ist der Wert bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 3 ZPO festzusetzen und nicht nach § 9 ZPO zu berechnen, der eine Regelung für den Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen enthält. Gegenstand der Klage auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen ist nicht ein derartiges Recht, sondern ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung, dessen Wert nach § 3 ZPO nach freiem Ermessen auf der Grundlage des Interesses des Klägers an der Abgabe der Willenserklärung zu bestimmen ist. In § 9 ZPO kann demgemäß im Sinne von § 2 ZPO keine für die Klage auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen unmittelbar geltende Sonderregelung gesehen werden, und § 9 ZPO kann nach Auffassung der Kammer auch nicht analog angewendet werden, weil im Hinblick auf § 3 ZPO keine Regelungslücke besteht.
Es kann sich demnach nur die Frage stellen, ob das Berufungsgericht sich bei Ausübung seines Ermessens an § 9 ZPO oder an § 16 Abs. 5 GKG orientieren kann oder muß und ob sich die Regelung in § 2 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 3 S. 1 MHG auswirkt. Das erkennende Gericht ist der Auffassung, daß die Ausübung des Ermessens in Anlehnung an § 16 Abs. 5 GKG zu erfolgen hat. Bei § 16 Abs. 5 GKG handelt es sich zwar um eine kostenrechtliche Vorschrift, die unmittelbar nur den Gebührenstreitwert betrifft. Sie enthält jedoch eine gesetzliche Bewertung des Interesses von Ansprüchen auf Erhöhung des Mietzinses für Wohnraum.
Diese gesetzliche Bewertung – auch wenn ihre Zielsetzung darin zu sehen ist, aus sozialpolitischen Gründen bei Miet- und Pachtstreitigkeiten eine hohe Kostenbelastung zu vermeiden, um die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung nicht aus Kostengründen zu erschweren – ist dem Wert des Beschwerdegegenstandes einer Klage auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen näher als die Regelung des § 9 ZPO. Während es sich bei § 16 Abs. 5 GKG – wenn auch für den Gebührenstreitwert – um eine besondere Regelung für den Anspruch auf Erhöhung des Mietzinses handelt, stellt § 9 ZPO eine Regelung allgemein für wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen dar. Weiter führt auch nicht eine parallele Beurteilung zu dem Wert des Beschwerdegegenstandes einer Klage auf künftigen Miet- oder Pachtzins, weil es auch insoweit an einer eindeutigen allgemein anerkannten Beurteilung fehlt. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.12.1985 (NJW 1966, S. 778), auf die in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 30.01.1996 verwiesen wird, ist der Streitwert für eine Klage auf künftige Miet- oder Pachtzinszahlung nach § 9 ZPO zu bestimmen, wenn der Anspruch aus einem auf bestimmte Zeit abgesch...