Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose mieterseitige Kündigung eines befristeten Mietvertrages: Auslegung einer Formularklausel zugunsten des Mieters. Fristlose mieterseitige Kündigung eines befristeten Mietvertrages: Lärmbelästigung als Beschaffenheitsmangel. Fristlose mieterseitige Kündigung eines befristeten Mietvertrages: Umdeutung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klausel in dem auf vier Jahre befristeten Mietvertrag, daß der Mieter mit Frist von drei Monaten zur Kündigung berechtigt sei, wenn seit der Überlassung des Wohnraums weniger als fünf Jahre vergangen sind, muß sich der Vermieter als Verwender zu seinen Lasten zurechnen lassen.
Aus ortsüblichen Lärmbelästigungen einer Innenstadtlage ist kein objektiver Beschaffenheitsmangel der Wohnung herzuleiten.
Die fristlose, unbegründete Kündigung des Mieters ist nach den Umständen in eine ordentliche Kündigung umzudeuten.
Gründe
Das AG Wiesbaden hat mit Recht und zutreffender Begründung erkannt, daß die Kündigung der Beklagten v. 27.2.1991 nicht als fristlose Kündigung gemäß §§ 542, 544 BGB wirksam geworden ist. Auf die zutreffenden Erwägungen des AG zur fristlosen Kündigung gemäß § 542 BGB, denen sich die Kammer vollinhaltlich anschließt, wird verwiesen. Die Beklagte hat auch in 2. Instanz nicht schlüssig darzulegen vermocht, daß die Kündigung als fristlose gemäß § 544 BGB wirksam geworden ist. Lärmbelästigungen in der B.-Straße durch Gewerbebetriebe und Gaststätten sind ortsüblich, weil es sich bei dieser Wohnlage um eine solche im Innenstadtbereich handelt, die lagebedingt Lärmbelästigungen der geschilderten Art mit sich bringt. Die von der Beklagten angeführte Lärmbelästigung durch die in ihrem Hause befindliche Taxizentrale ist nicht so hinreichend quantifiziert und qualifiziert, daß daraus ein objektiver Beschaffenheitsmangel der Wohnung herzuleiten wäre.
Die Kündigung v. 27.2.1992 ist aber nach Auffassung der Kammer als ordentliche Kündigung zum 31.5.1991 wirksam geworden. Die Klägerin muß sich insoweit die Unklarheit des Mietvertrages zu ihren Lasten gemäß § 5 AGBG zurechnen lassen. Zwar ist das Mietverhältnis gemäß § 2 des Mietvertrages auf 4 Jahre befristet gewesen. Nicht ausgeschlossen wurde hingegen das in § 2 Ziff. 4 des Mietvertrages vorgesehene Recht zur Kündigung des Mieters mit Kündigungsfrist von 3 Kalendermonaten, wenn seit der Überlassung des Wohnraums weniger als 5 Jahre vergangen sind. Da die Kündigung der Beklagten v. 27.2.1992 auch nicht ausdrücklich als "fristlose" erklärt worden ist, vielmehr eine - wenn auch zu knapp bemessene - Kündigungsfrist aufwies, nämlich zum 31.3.1991, ist sie als ordentliche Kündigung auslegungsfähig bzw. umzudeuten (vgl. auch OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 337). Die Umdeutung einer fristlosen in eine ordentliche Kündigung bzw. die Umdeutung einer ordentlichen Kündigung mit zu knapp bemessener Kündigungsfrist in eine solche mit richtiger Kündigungsfrist ist dann zulässig, wenn die Kündigung den klaren Willen des Mieters erkennen läßt, das Mietverhältnis auf jeden Fall vor Ablauf der Befristung beenden zu wollen. Ein solcher Wille enthält nämlich immer auch den Willen zu einer Beendigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Das Kündigungsschreiben v.27.2.1991 läßt nun keinen Zweifel daran, daß die Beklagte als Mieterin auf jeden Fall vorzeitig wegen der im einzelnen aufgeführten Beeinträchtigungen aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollte. Der nächstmögliche Kündigungstermin am 27.2.1991 war der 31.5.1991 gemäß § 2 Ziff. 2 des Mietvertrages. Nach Auffassung der Kammer steht der Klägerin daher nur Miete für den Monat Mai 1992 in Höhe von DM 1.280,- zu.
Fundstellen