Dr. Johannes Ritter von Schönfeld
Rz. 16
In der Praxis stellt sich oftmals die Frage des Verhältnisses von Erbrecht und Begünstigung einer Stiftung. Insbesondere fragt ein eingesetzter Testamentsvollstrecker bei angeordneter Testamentsvollstreckung nach dem korrekten Vorgehen, sofern der Erblasser Stifter und/oder Begünstigter einer Stiftung war. Die Antwort hierauf hängt erkennbar von der Frage ab, ob die Stiftung als verdecktes Treuhandverhältnis zu qualifizieren ist, wofür mehrere Kriterien, wie beispielsweise die Normierung eines Widerrufs- bzw. Änderungsrechts in den Stiftungs-(zusatz-)Urkunden oder der mandatsvertragliche Vorbehalt von Weisungs- oder Instruktionsrechten, ausschlaggebend sein können. Sofern keine Widerrufs- oder Änderungsrechte vorbehalten wurden oder solche mit dem Ableben des Stifters erloschen sind, wird die Struktur als intransparent zu beurteilen sein mit der Folge, dass sich aufgrund des in diesem Zeitpunkt entstehenden Entäußerungsvorgangs möglicherweise Pflichtteilsergänzungsansprüche für Pflichtteilsberechtigte gegen den/die Erben (allenfalls subsidiär gegen die Stiftung) ergeben. Soweit jedoch "massive Einflussmöglichkeiten" des Zuwendenden auf die Stiftung bestehen, so gilt nach der Vermögensopfertheorie diese Zuwendung noch nicht als erbracht und der Zeitpunkt der Zuwendung erfolgt erst in einer rechnerischen Sekunde vor dem Ableben.
Rz. 17
Den Erben, die zugleich Begünstigte der Stiftung sind, stehen gewisse Auskunfts- und Informationsrechte nur insoweit zu, als es ihre Rechte betrifft (Art. 552 § 9 PGR). Falls der Name der Stiftung bekannt ist und diese nicht lediglich hinterlegt, sondern eingetragen ist, kann über das Handelsregister (www.oera.li) der Repräsentant der Stiftung ermittelt werden, bei welchem die entsprechenden Informationen angefragt werden sollten. Empfohlen wird, gleichsam eine beglaubigte Legitimation des Begünstigten beizufügen. Etwaige Rechte sind im Außerstreitverfahren geltend zu machen. Soweit die Stiftung nicht mehr existent ist, muss für diese die Bestellung eines Beistands beantragt werden. Der Beistand (Art. 141 PGR) vertritt die gelöschte Verbandsperson sodann gegenüber Dritten.
Rz. 18
Für die steuerlichen Folgen einer Begünstigung ist jedoch nicht die zivilrechtliche Beurteilung, sondern die steuerliche Zurechnung, mithin eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, relevant. Aufgrund der Tatsache, dass die Stiftung aus deutscher steuerrechtlicher Sicht teilweise nicht als eigene Rechtsperson anerkannt, sondern als verdecktes Treuhandverhältnis betrachtet wird, kann die zivilrechtliche sowie die steuerrechtliche Rechtsfolge dergestalt divergieren, dass dem Erblasser vom deutschen Fiskus Kapitaleinkünfte wegen § 15 Abs. 1 und 6 AStG zuzurechnen sind und diese Steuerschuld auf den/die Erbe(n) übergegangen ist, der/die Erbe(n) jedoch mangels Begünstigung zivilrechtlich keine Zugriffsmöglichkeit auf die Vermögenswerte hat/haben. Soweit die Stiftung auch steuerlich anerkannt wird, können sich infolge des Vermögensübergangs auf die Stiftung schenkungsteuerliche Folgen ergeben.