Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Arbeitslosigkeit. Kurzzeitigkeit. selbständige Tätigkeit. Fahrzeit
Orientierungssatz
1. Ist der Umfang einer selbständigen Tätigkeit zu beurteilen, bei welcher vertragliche Abmachungen über die Arbeitszeit fehlen, kann allein auf die "Natur der Sache" abgestellt werden; maßgebend ist der Zeitaufwand, den der Selbständige nach der Gestaltung, die er seiner Tätigkeit gegeben hat, betreibt oder voraussichtlich betreiben muß (vgl eingehend BSG vom 28.10.1987 - 7 RAr 28/86).
2. Hierzu gehört bei Selbständigen auch die für das Aufsuchen von Kunden notwendig in Kauf genommene Fahrzeit von der Betriebsstätte aus; diese Fahrzeit ist anders als die dem privaten und nicht entgoltenen Bereich zuzurechnende Wegezeit zwischen Wohnung und Arbeitsplatz Teil des für den Erwerb unmittelbar getätigten Aufwandes.
Tatbestand
Der Kläger erhebt Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der ... 1940 geborene Kläger, gelernter Werkzeugmacher und Industriekaufmann, stand seit den Siebziger Jahren in Beschäftigungen als Konstrukteur, technischer Leiter und Geschäftsführer. Seit 01. April 1989 war er -- damals noch in P wohnhaft -- PPS-Berater/Ingenieur bei E GmbH ... in K. Daneben war er seit September 1989 im Besitz einer Gewerbeanmeldung im Werkzeugbau; später betrieb er vorübergehend eine Firma H & Partner GmbH. Die letzte Beschäftigung mit einem festen Bruttomonatsentgelt von zuletzt DM 12.526,-- wurde zum 30. April 1995 einvernehmlich gegen Zahlung einer Abfindung beendet. Das damals zuständige Arbeitsamt P bewilligte Alg wegen der Abfindung und des Eintritts einer Sperrzeit zunächst ab 01. November 1995; der Beginn der Leistung wurde nach einem im April 1997 abgeschlossenen Rechtsstreit beim Sozialgericht Karlsruhe auf 11. Oktober 1995 vorverlegt.
Am 15. April 1996 meldete der Kläger dem Arbeitsamt P telefonisch seinen Umzug vom 01. April 1996 an die jetzige Wohnanschrift in E. Die Bewilligungsentscheidung wurde mit dem genannten Datum aufgehoben. Mit Wirkung vom 15. April 1996 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt G arbeitslos. Er gab schriftlich an, er versuche sich selbständig zu machen und arbeite dafür; es handele sich um einen Vertrieb für Software sowie Beratung und Projektierung; zur Zeit erziele er noch kein Einkommen. Die Bearbeitung des Antrags auf Alg verzögerte sich, da die Leistungsakte wegen des genannten Klageverfahrens noch nicht zur Verfügung stand. Am 20. Juni 1996 sprach der Kläger bei der Dienststelle E des jetzt zuständigen Arbeitsamts vor. Gegenüber den Bediensteten Frau R und Frau K sowie dem weiter hinzugezogenen Bediensteten L gab er an, er sei seit Anfang des Jahres für seine selbständige Tätigkeit 20 Stunden wöchentlich tätig; er weigerte sich freilich, eine schriftliche Erklärung auszufüllen und äußerte nur, in Kenntnis der Kurzzeitigkeitsgrenze von 18 Stunden würde er angeben, nur zehn Stunden wöchentlich zu arbeiten. Der Bedienstete L hielt abschließend fest, der Kläger habe geäußert, er müsse für seine selbständige Tätigkeit mindestens 20 Stunden aufwenden, da er im Außendienst tätig sei und die Firmen anfahren müsse. Durch Bescheid vom 20. Juni 1996 lehnte das Arbeitsamt den Leistungsantrag wegen fehlender Arbeitslosigkeit ab. Am selben Tag gab der Kläger eine erneute Arbeitslosmeldung ab. Er bestätigte unterschriftlich, er wende für die anlaufende selbständige Tätigkeit natürlich Arbeit, Zeit und Geld auf, wobei der wöchentliche Zeitbedarf sehr unterschiedlich sei; er sehe dies als flankierende Tätigkeit zu den Bemühungen des Arbeitsamts und stehe der Arbeitsvermittlung jederzeit zur Verfügung. Mit seinem Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid machte er geltend, es sei ihm bisher nicht gelungen, Aufträge zu erhalten. Die entsprechenden Bemühungen könnten nicht als Arbeitszeit betrachtet werden. Einkünfte habe er bisher nicht erzielt. Mit Schreiben vom 09. August 1996 erklärte er, bei seinen Bemühungen nicht mehr als 18 Stunden pro Woche aufzuwenden. Es erging ein nochmaliger ablehnender Bescheid vom 17. September 1996. Mit seinem Widerspruch hiergegen blieb der Kläger dabei, er habe noch keinen Auftrag erhalten und noch keine Rechnung schreiben können. Es handele sich um Vorbereitungstätigkeiten. Hierfür könne er von der seit 1989 innegehabten Gewerbeanmeldung Gebrauch machen. Er legte in Fotokopie eine einzelne Rechnung vom 26. Juli 1996 über eine Leistung für die Firma O im Nettobetrag von DM 2.200,-- vor, ferner eine Aufstellung des hierfür getätigten Arbeitsaufwands. Die Widerspruchsstelle des Arbeitsamts erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19. November 1996. Dessen Begründung ging vorrangig dahin, der Kläger gehöre wegen der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr dem Personenkreis an, der als Arbeitnehmer tätig sein wolle.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) hat der Kläger, der sich ab 02. Mai 1997 in Selbständigkeit abgemeldet hat, vorgetragen, die Gewerbeanmeldung als solche könne ihm nicht entge...