Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Tätigkeit im väterlichen Betrieb. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Folge des Bestehens einer Innengesellschaft zwischen Ehegatten. Gesellschafter. Ehegatte. Mitunternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Bestehen einer Innengesellschaft gemäß den §§ 705 ff BGB zwischen Eheleuten hat nicht zur Folge, dass ein Ehegatte nicht gleichwohl als abhängig Beschäftigter in den Betrieb des anderen Ehegatten eingegliedert war (vgl BSG vom 10.5.2007- B 7a AL 8/06 R = USK 2007-53).

2. Als Gesellschafter einer Innengesellschaft ist ein Ehegatte nur dann als Mitunternehmer zu betrachten, wenn er nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt ist (so zur stillen Beteiligung an einer KG, Urteil des Senats vom 20.7.2010 - L 11 KR 3910/09 = DStR 2010, 2367).

 

Orientierungssatz

Zur Sozialversicherungspflicht einer Tätigkeit im väterlichen Betrieb.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger seit 1. April 2003 im Betrieb seines Vaters sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Der 1974 geborene Kläger absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zum Galvaniseur und nahm nach Ende der Ausbildung ab 1. Juni 1992 im väterlichen Betrieb, dem Einzelunternehmen W. M. Oberflächenschutz, eine Tätigkeit auf. In der Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1996 war der Kläger Mitglied der AOK Baden-Württemberg (AOK) und dort als versicherungspflichtig Beschäftigter gemeldet. Nach dem Wehrdienst bestand diese Mitgliedschaft vom 6. April 1999 bis zum 31. März 2003 fort. Nach seinem Wechsel zur Beklagten am 1. April 2003 wurden Sozialversicherungsbeiträge an diese abgeführt.

Am 7. März 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten, seinen sozialversicherungsrechtlichen Status seit 1. Juni 1992 zu überprüfen. Er unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht, da er sämtliche Kriterien eines nicht abhängig Beschäftigten erfülle. So sei er seit dem Beginn der Beschäftigung für die Firma des Beigeladenen zu 1) in verantwortungsvoller Position für das elterliche Unternehmen tätig gewesen. Im Hinblick auf die Organisation, Gestaltung und Durchführung seiner Tätigkeitsbereiche sei er völlig frei und unterliege bezüglich Arbeitsort, -zeit, -dauer und -umfang keinem Weisungsrecht. Es bestehe kein Über-/Unterordnungsverhältnis. Auch sei er im Hinblick auf seine Urlaubsplanung unabhängig. Kurzfristig zu leistende Überstunden würden nicht vergütet; Weihnachts- oder Urlaubsgeld erhalte er nicht. Seine Mitarbeit im Unternehmen sei durch familiäre Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Aufgrund seines eigenverantwortlichen Aufgabenbereichs, seines umfangreichen, praktischen, alle internen Betriebssparten umfassenden Tätigkeitsfeldes und hinsichtlich seiner konkreten Nachfolgeperspektive im Hinblick auf die Übernahme der zukünftigen Unternehmensleitung sei er darüber hinaus in der Lage, Unternehmensentscheidungen maßgeblich zu beeinflussen. Zudem habe er die Befugnis inne, selbständig Personal einzustellen und auch zu entlassen. Da es sich mithin nicht um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handele, seien ihm die ab 1. Juni 1992 abgeführten Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab der Kläger an, als mitarbeitender Angehöriger nicht an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden zu sein; das Weisungsrecht werde auch tatsächlich nicht ausgeübt. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebs mit. Auch sei die Mitarbeit aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch von 24 Tagen sowie eine Kündigungsfrist von vier Wochen sei vereinbart. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt, das er regelmäßig erhalte, für sechs Wochen fortgezahlt. Im Januar 2004 habe er zum Wohle der Firma auf 1.269,81 € Nettolohn verzichtet. Das Arbeitsentgelt, das auf ein privates Girokonto überwiesen werde, werde als Betriebsausgabe gebucht und hiervon Lohnsteuer entrichtet. Eine Betriebsbeteiligung bestehe nicht. Ein Darlehen habe er für den Betrieb nicht übernommen.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2007 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Betrieb des Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Juni 1992 bestanden habe und der Kläger der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Denn es sei steuerrechtlich von einer nicht selbständigen Arbeit ausgegangen worden, da Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer gezahlt worden sei. Auch die vertragliche...

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