Entscheidungsstichwort (Thema)

Bescheid über die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne entsprechende Berechnungsanlagen. nachträgliche Übersendung der Berechnungsanlagen. kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB 10

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs 1 SGB 10 besteht nicht, wenn ein Bescheid über die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen fehlender Berechnungsanlagen bei Erlass zwar nicht den Begründungsanforderungen des § 35 SGB 10 entsprochen hat, die Berechnungsanlagen aber nachträglich übersandt wurden (Anschluss an BSG vom 6.7.2022 - B 5 R 21/21 R = BSGE 134, 237 = SozR 4-1300 § 63 Nr 32).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.04.2023; Aktenzeichen B 5 R 16/23 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.11.2021 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten im Vorverfahren.

Mit Bescheid vom 25.11.2020 gewährte die Beklagte dem1955 geborenen Kläger auf seinen Antrag vom 28.07.2020 Regelaltersrente ab Dezember 2020 in Höhe von 1.718,60 € (brutto). Der Rentenbescheid enthielt die Anlagen "Berechnung der Rente", "Entscheidungen zu rentenrechtlichen Daten", "Versicherungsverlauf" und "Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte".

Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten, eingegangen am 02.12.2020, Widerspruch und trug vor, aus dem Bescheid sei nicht erkennbar, wie sich die Entgeltpunkte aus den Versicherungszeiten von 1979 bis 30.11.2020 errechnen würden. Er bat um weitere Begründung des Bescheides durch Übersendung der entsprechenden Anlagen.

Mit Schreiben vom 11.12.2020 übersandte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten die Anlagen "Entgeltpunkte für Beitragszeiten", "Zuschlag an Entgeltpunkten" "Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten" und bat um Überprüfung, ob der Widerspruch noch aufrechterhalten werde.

Hierauf entgegnete der Klägerbevollmächtigte, mit den übersandten Unterlagen sei nun nachvollziehbar, wie sich die Rentenhöhe errechne. Der Bescheid sei nunmehr begründet worden. Die nachgeholte Begründung löse eine Kostenerstattungspflicht aus. Er bat insoweit um Erstattung seiner Kosten oder Erlass eines Widerspruchsbescheides.

Mit Bescheid vom 13.01.2021 lehnte die Beklagte eine Erstattung der Kosten für das Widerspruchsverfahren ab. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, der Widerspruch sei nicht erfolgreich gewesen. Die Tatsache, dass ergänzende Anlagen übersandt worden seien, begründe ebenfalls keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Der angefochtene Bescheid sei schon bei seinem Erlass mit einer erforderlichen Begründung versehen gewesen. Aber selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Bescheid ursprünglich nicht mit der erforderlichen Begründung versehen gewesen sei, wäre dies aufgrund des nachträglichen Übersendens der ergänzenden Anlagen gemäß §§ 41, 42 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) unbeachtlich.

Dagegen legte der Klägerbevollmächtigte Widerspruch ein. Die Beklagte fragte sodann aufgrund mehrerer bei den Sozialgerichten anhängigen Verfahren an, ob mit einem Ruhen des Verfahrens Einverständnis bestehe. Dies lehnte der Klägerbevollmächtigte ab und forderte den Erlass eines Widerspruchsbescheides.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.01.2021 mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2021 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 29.03.2021 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Rentenbescheid sei erst durch die nachträglich übersandten Anlagen begründet worden. Vorher sei er nicht überprüfbar gewesen. Durch die nachträgliche Übersendung sei die fehlende Begründung geheilt worden. Dies löse jedoch eine Kostenerstattungspflicht aus. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 23.11.2021 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.11.2021 zugestellte Urteil hat dieser am 28.11.2021 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt (Aktenzeichen L 5 R 3643/21).

Das Verfahren ist zunächst angesichts des Revisionsverfahrens B 5 R 21/21 R zum Ruhen gebracht und nach Wiederanrufung unter dem Aktenzeichen L 5 R 2295/22 fortgeführt worden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Rentenbescheid ohne Beifügung der Anlagen, aus welchen sich die Berechnung der Entgeltpunkte ergeben, bei Erlass den Begründungsanforderungen des § 35 SGB X nicht genügt habe. Da hier die Anlagen zur Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte im Widerspruchsverfahren übersandt worden seien, sei insoweit der Begrü...

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