Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. teilstationäre Unterbringung. Klage auf höhere Leistungen. Leistungserbringungsrecht. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Fehlen einer Zahlungsverpflichtung des Leistungsberechtigten gegenüber dem Einrichtungsträger
Orientierungssatz
1. Grundlegende Voraussetzung für die Übernahme einer Vergütung durch den Sozialhilfeträger ist, dass der Leistungsberechtigte dem Leistungserbringer vertraglich überhaupt ein Entgelt schuldet (vgl BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R = BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, vom 2.2.2010 - B 8 SO 20/08 R = Sozialrecht aktuell 2010, 199, vom 2.2.2012 - B 8 SO 5/10 R = SozR 4-3500 § 62 Nr 1 und vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R = SozR 4-3500 § 53 Nr 4).
2. Zu den Anforderungen an das Bestehen einer privatrechtliche Entgeltvereinbarung zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im vorliegenden Berufungsverfahren besteht unter den Beteiligten Streit über die dem Kläger vom Beklagten im Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. Dezember 2010 in der Werksiedlung einer Einrichtung des Beigeladenen, gewährte Eingliederungshilfe.
Der 1990 geborene Kläger leidet an frühkindlichem Autismus nach Kanner (ICD-10 F84.0); er kann nicht sprechen, zeigt zwanghafte Verhaltensauffälligkeiten, hat eine Tendenz zum Weglaufen und verfügt über kein Gefahrenbewusstsein. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen G, B, H, RF) festgestellt; von der Pflegeversicherung ist außerdem eine Zuordnung zur Pflegestufe III erfolgt. Der Kläger besuchte von September 1997 bis Juli 2008 die Schule, eine staatliche Schule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung; wegen zunehmender zwanghafter Verhaltensweisen fand die Beschulung ab Dezember 2007 nur noch an zwei Schultagen in der Woche halbtags statt.
Bereits einige Monate vor der Schulentlassung wurde seitens der Eltern und der Schule nach einer geeigneten Werkstatt für den Kläger - unter Einschaltung des Beklagten als Träger der Eingliederungshilfe im April 2008 - gesucht. Während etwa die in der Trägerschaft des C. stehende Werkstatt ihre Einrichtung für eine Betreuung und Förderung des Klägers nicht für ausreichend hielt (vgl. Schreiben vom 6. Mai 2008), erklärte sich schließlich die Werksiedlung bereit, den Kläger zunächst für ein Praktikum in den Förder- und Betreuungsbereich (FuB-Bereich) aufzunehmen. Ein Kurzzeitpraktikum fand dort in der Zeit vom 7. bis 11. Juli 2008 statt; von Seiten der Werksiedlung wurde anschließend vorgeschlagen, den Kläger voraussichtlich ab Oktober 2008 für zwei Vormittage in der Woche in den FuB-Bereich aufzunehmen, wobei dieser eine 1:1-Betreuungs- und Begleitsituation benötige, und ferner ab Januar 2009 die Betreuungszeit zu steigern mit dem Ziel der ganztägigen Eingliederung in den FuB-Bereich (Kurzbericht vom 22. Juli 2008). Mit dem an die Werksiedlung gerichteten Schreiben vom 19. August 2008 äußerte der Beklagte hinsichtlich einer stufenweisen Eingliederung des Klägers in den FuB-Bereich ab Oktober 2008 mit dem Ziel einer weiteren Steigerung der Betreuungszeit keine Bedenken, teilte jedoch außerdem mit, dass er sich nicht in der Lage sehe, für die zwei Vormittage in der FuB-Gruppe sowie auch später bei Steigerung der Betreuungszeit bis hin zur Ganztagsbetreuung eine über die geltende Vergütungsvereinbarung hinausgehende Zahlung zu leisten.
Der vom Beklagten eingeschaltete Leiter des Medizinisch-pädagogischen Dienstes (MPD) des Prof. Dr. H., hielt in seiner Stellungnahme vom 2. September 2008 die FuB-Gruppe der Werksiedlung bezüglich ihrer strukturellen Bedingungen für gut geeignet und die Forderung einer zumindest anfänglichen sehr engen personellen Betreuung für nachvollziehbar, sah für die zukünftige Förderung und Betreuung des Klägers jedoch auch die Notwendigkeit der Etablierung autismusspezifischer Betreuungskonzepte (bspw. das sog. TEACCH-Konzept), um den personellen Aufwand zumindest auf längere Sicht reduzieren zu können. Am 23. Oktober 2008 fand ein Hilfeplangespräch des Beklagten mit den Eltern des Klägers sowie zwei Mitarbeitern der Werksiedlung statt, in dem u.a. auch die Einführung des TEACCH-Konzeptes im Rahmen der Konsulentenarbeit angesprochen und von Seiten der Einrichtung begrüßt worden war. Am 5. November 2008 wurde der Kläger schließlich in die FuB-Gruppe der Werksiedlung teilstationär aufgenommen. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab dem Aufnahmetag bis zunächst 30. April 2009 Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. § 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX); die anfallende Vergütung für die Betreuung in der FuB-Gruppe wurde im Zuge der stufenweisen Ei...