Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Fremdrentenrecht. LPG-Beitragszeiten in Rumänien - Kindererziehung
Leitsatz (amtlich)
Zeiten der Zugehörigkeit zu einer rumänischen LPG stellen jedenfalls im Zeitraum von 1966 bis 1977 auch dann i S des Fremdrentenrechts Beitragszeiten dar, wenn der Beitragszahlung wegen Schwangerschaft und Kindererziehung keine Arbeitsleistung für die LPG zugrunde lag. Es handelt sich bei diesem Zeiten um nachgewiesene Pflichtbeitragszeiten i S des § 15 Abs 1 FRG, die zu 6/6 der Rentenberechnung zugrunde zu legen sind. § 28b FRG hat insoweit keine verdrängende Wirkung.
Orientierungssatz
In Rumänien ist für die Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) - nach dem Muster der staatlichen Sozialversicherung - durch Dekret Nr 535 vom 24.6.1966 eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung eingeführt worden. Bei diesem mit Wirkung vom 1.1.1967 eingeführten Sicherungssystem handelt es sich um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl BSG vom 27.2.1986 - 1 RA 57/84 = SozR 5050 § 19 Nr 12).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30. Mai 2005 aufgehoben und der Bescheid vom 10. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 18. Juli 1996 teilweise zurückzunehmen und der Klägerin höhere Altersrente ab 1. Januar 1998 unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als nachgewiesener Beitragszeit zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als nachgewiesene Zeit nach § 15 Fremdrentengesetz (FRG).
Die 1932 in R. geborene Klägerin ist am 14. Mai 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt und Inhaberin des Vertriebenenausweises A. In R. war sie von 1956 bis zu ihrer Aussiedlung Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) “Romgera„ Santana, was in dem von ihr vorgelegten Arbeitsbuch bescheinigt ist. Im Arbeitsbuch sind in Spalte 5 das maßgebliche Jahr, in Spalte 6 das Soll-Arbeitsvolumen, in Spalte 7 das erzielte Arbeitsvolumen und in Spalte 8 die gearbeiteten Kalendertage eingetragen. Für die Jahre 1966 bis einschließlich 1971, 1974 bis 1981 und 1989 sind im Arbeitsbuch weder Angaben zum Soll-Arbeitsvolumen, zu dem erzielten Arbeitsvolumen noch zu den tatsächlich gearbeiteten Arbeitstagen enthalten. In dieser Zeit hat die Klägerin wegen Schwangerschaft bzw. Erziehung und Versorgung ihrer Kinder K. (geb. 1957), J. (geb. 1959), F. (geb. 1966), M.-B. (geb. 1968) und W. (geb. 1974) keine Arbeitsleistung für die LPG erbracht.
Seit 1. September 1996 bezieht die Klägerin Altersrente (Antrag vom 4. März 1996, Bescheid vom 18. Juli 1996). Bei der Rentenberechnung war die strittige Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 weder als nachgewiesene noch als (nur) glaubhaft gemachte Beitragszeit nach dem FRG berücksichtigt. Angerechnet wurden in diesem Zeitraum ausschließlich Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für die Kinder K., J., F. und M.-B. gem. § 28b FRG entsprechend dem im Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) vorgesehenen Umfang.
Im Dezember 2002 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und machte im Rahmen eines Überprüfungsantrags nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geltend, ihre Rente sei neu zu berechnen, da als Mitglied der LPG die Zeit der Zugehörigkeit zur LPG in vollem Umfang als Beschäftigungszeit nach dem FRG anzuerkennen sei. Von 1966 bis 1977 seien die vollen Tabellenwerte mit 6/6 anzuerkennen, da ab diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung bestanden habe, schon aufgrund der Mitgliedschaft zur C.A.P.
Mit Bescheid vom 10. März 2003 stellte die Beklagte die Rente der Klägerin ab 1. September 1996 unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 18. Juli 1996 neu fest, da sich die rentenrechtlichen Zeiten geändert hätten. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass bei der Berechnung der Rente die Zeiten als Mitglied der LPG gemäß den Entscheidungen des Bundessozialgerichts durchgehend zu 5/6 zu berücksichtigen seien, wenn dies für sie günstiger gewesen sei. Dies sei der Fall für Zeiten, in denen laut dem Arbeitsbuch weniger als 300 Arbeitstage pro Jahr bescheinigt seien. Die Zeiten, in denen mehr als 300 Arbeitstage bescheinigt seien, seien jetzt mit 6/6 bewertet worden.
Dagegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, auch die Jahre, in denen sie nicht gearbeitet habe (1966-1971, 1974-1981 und 1989), seien als FRG-Zeiten zu 6/6 anzuerkennen, da in diesen Zeiten Beiträge bezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2003 stellte die Beklagte die Rente der Klägerin nochmals neu fest und legte die Zeit vom 16. Februar bi...