Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Consultant bei einem Finanzdienstleister. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Sozialversicherungspflicht eines Consultants bei einem bundesweit tätigen Finanzdienstleister. Abgrenzung der Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters von der eines abhängig Beschäftigten.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Begriffe des Handelsvertreters und des Handungsgehilfen sind im Handels- und Sozialversicherungsrecht als weitgehend inhaltsgleich zu verstehen und können zur Abgrenzung von versicherungsfreien und versicherungspflichtigen Tätigkeiten herangezogen werden.
2. Die Ungewissheit des Eintritts eines wirtschaftlichen Erfolgs durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft spricht nur dann für eine selbständige Tätigkeit, wenn ihr größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.
Normenkette
SGB IV § 28h Abs. 2 S. 1, §§ 28i, 7a Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 1 S. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB III § 24; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB XI § 20; SGB X § 33 Abs. 1; HGB §§ 59, 84 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18.11.2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 3) in seiner Tätigkeit als Consultant bei der Klägerin vom 01.04.2002 bis 24.09.2004 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiges Finanzdienstleistungsunternehmen mit Sitz in W.. Der Beigeladene zu 3) war im streitgegenständlichen Zeitraum als Consultant für die Klägerin tätig. Dieser Tätigkeit lag ein am 08.02.2002 geschlossener M.-Consultant-Vertrag zugrunde. Der Vertrag enthielt unter anderem die folgenden Regelungen:
§ 1 Gegenstand des Vertrages
1 Der Consultant ist tätig als selbständiger Gewerbetreibender iSv §§ 84 ff HGB.
2 Die Tätigkeit des Consultant- umfasst die Beratung der M.-Kunden über sowie die Vermittlung von M.-Dienstleistungen und von Finanzprodukten, die von M. freigegeben sind, in dem durch seine Zielgruppenspezifikation und seinen jeweiligen Ausbildungsstand vorgegebenen Rahmen.
3 Der Consultant ist frei in der Bestimmung des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit. Insbesondere vereinbart er eigenverantwortlich die Termine mit den von ihm betreuten Kunden. Der Consultant ist der Geschäftsstelle E. III zugeordnet.
§ 2 Verpflichtungen des Consultant
1 Der Consultant darf während der Vertragszeit nur - hauptberuflich - für M. tätig sein und die M.-Dienstleistungen und die von M. freigegebenen Finanzprodukte vermitteln. Die Dienstleistungen und Finanzprodukte sind in der Provisionsordnung aufgeführt Eine Beteiligung - gleichgültig welcher Art - an Konkurrenzunternehmen ist ihm untersagt. (…)
2 Der Consultant hat seine Dienste in Person und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu erbringen.
3 Der Consultant ist berechtigt und - soweit es um die Inanspruchnahme sachlicher und personeller Mittel geht - auch verpflichtet, sich bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit der Einrichtung und des Personals derjenigen Geschäftsstelle zu bedienen, welcher er gemäß § 1 Abs 3 dieses Vertrages zugeordnet ist. Hierzu können im Einzelfall weitere Regelungen durch M. getroffen werden.
(…)
5 Alle Kunden, die der Consultant im Rahmen seiner M.-Tätigkeit gewinnt oder übertragen bekommt, sind Kunden von M. und ihm lediglich zur Beratung und Betreuung anvertraut. Der Consultant respektiert, wenn Kunden der Beratung und Betreuung anderer M. Consultants anvertraut sind. Scheidet der Consultant aus, überträgt M. die Kunden des ausscheidenden Consultant und deren Verträge auf andere Consultants.
§ 3 Kundendaten und Kundenlisten, Vertragsstrafe
1 Die Namen, Anschriften, Telefonnummern und sonstige personenbezogene Daten, Informationen über die Vermögensverhältnisse, Versicherungsverträge, den Kapitalanlagenbestand und dessen Zusammensetzung sowie über Transaktionen der Kunden, von denen der Consultant während der Dauer seiner Tätigkeit für M. Kenntnis erhält, sind Geschäftsgeheimnisse von M. im Sinne von § 90 HGB und § 17 UWG. Der Consultant erkennt an, dass ihm diese Daten nur als Geschäftsgeheimnisse anvertraut werden und dass deren Verwertung außerhalb dieses Vertrages nur zulässig ist, sofern sie der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmannes nicht widerspricht.
2 Der Consultant darf Aufzeichnungen der oben näher bezeichneten Kundendaten nur für M. und auf von M. zur Verfügung gestellten EDV-Programmen und firmeneigenen Unterlagen fertigen.
3 Die Kundenakten sind Eigentum von M..
4 Kundenakten, Aufzeichnungen von Kundendaten sowie Vervielfältigungen aus Kundenakten und von Aufzeichnungen sind jederzeit auf Verlangen von M., bei Kündigung- oder Vertragsbeendigung unaufgefordert, vollständig an ...