Entscheidungsstichwort (Thema)
Existenzgründungszuschuss unmittelbar nach Bezug von Arbeitslosengeld II. kein Leistungsausschluss. Notwendigkeit des engen Zusammenhangs zwischen dem vorhergehenden Arbeitslosenhilfebezug und der Tätigkeitsaufnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses nach § 421l SGB 3 ist grundsätzlich auch dann noch möglich, wenn unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Leistungen nach dem SGB 2 bezogen werden; § 22 Abs 4 SGB 3 schließt die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses durch die Bundesagentur für Arbeit, als Träger der Arbeitsförderung, für erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht aus. Voraussetzung ist aber, dass zwischen dem Bezug von Leistungen nach dem SGB 3 und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch ein enger Zusammenhang besteht.
2. Ob der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Bezug von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB 3 und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit besteht, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Liegt zwischen dem Leistungsbezug und der Tätigkeitsaufnahme ein Zeitraum von 2 Monaten und erfolgen in dieser Zeit keinerlei auf die Selbständigkeit des Antragstellers bezogene Handlungen, liegt ein enger Zusammenhang iS des § 421l SGB 3 nicht mehr vor.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses.
Der 1964 geborene Kläger ist verheiratet. Bis zum 31. Dezember 2004 bezog er von der Beklagten Arbeitslosenhilfe i.H.v. zuletzt 217,35 € wöchentlich (31,05 € täglich). Am 9. Dezember 2004 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Im förmlichen Antragsformular gab er an, er werde am 1. März 2005 eine mehr als kurzzeitige, hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Fachverkäufer in Waiblingen (Übernahme von Telekommunikationsgeschäft) aufnehmen. Die Frage nach seinem voraussichtlichen Arbeitseinkommen im ersten Jahr beantwortete er mit 30.000,00 € und ergänzte handschriftlich “Umsatz„. Ferner gab er an, bereits bis Juni 2002 von der Agentur für Arbeit in B. einen Existenzgründungszuschuss bzw. Überbrückungsgeld zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erhalten zu haben. Seinem Antrag fügte er eine Stellungnahme der I. zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 27. Januar 2005 bei.
Ab dem 1. Januar 2005 bezog der Kläger bis zum 28. Februar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II). Zum 1. März 2005 meldete der Kläger das Gewerbe an. Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 erinnerte der Kläger durch seine Steuerberaterin daran, dass über seinen Antrag noch nicht entschieden worden sei.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2006 lehnte die Beklagte den beantragten Existenzgründungszuschuss ab. Zur Begründung führte sie an, dass zwischen dem Ende des Bezuges von Arbeitslosenhilfe am 31. Dezember 2004 und dem Beginn der selbständigen Tätigkeit am 1. März 2005 kein enger zeitlicher Zusammenhang bestehe.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juni 2006 Widerspruch. Zu dessen Begründung trug er vor, dass er unmittelbar nach seiner Antragstellung am 9. Dezember 2004 vorbereitende Maßnahmen zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit getroffen habe. Auch begründe der unbestimmte Rechtsbegriff des engen zeitlichen Zusammenhangs keine feste zeitliche Größe, vielmehr stünden zeitliche Verzögerungen einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Der Kläger habe die vollständigen Antragsunterlagen im Februar 2005 bei dem für ihn zuständigen Sachbearbeiter der ARGE B. eingereicht.
Im Widerspruchsverfahren wurde durch das Ausländeramt eine Bescheinigung der G. Steuerberatungsgesellschaft vom 16. März 2005 vorgelegt, in welcher “zur Vorlage bei der Ausländerbehörde„ bescheinigt wird, dass der Kläger seit 1. März 2005 als Geschäftsführer des Ladengeschäfts “B.„ monatliche Gewinne von ca. 3.500,00 € erwirtschafte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte an, dass der Kläger sein Gewerbe erst am 1. März 2005 begonnen habe und hiernach eine Unterbrechungszeit von mehr als einem Monat eingetreten sei. Auch überschreite der erwartete Gewinn von 3.500,00 € monatlich (42.000,- € jährlich) ein Arbeitseinkommen von 25.000,00 €. Dies ergebe sich aus der Bestätigung der Steuerberaterin des Klägers, die zum Zwecke der Vorlage bei der Ausländerbehörde zugesandt worden sei. Die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses sei daher nicht möglich.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. August 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen, er habe nach einer Besprechung mit der Beklagten noch im Dezember 2004 vorbereitende Maßnahmen zur Aufn...