Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. selbstständiger Handelsvertreter. kein Verstoß der Regelung des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht
Orientierungssatz
1. Die Versicherungspflicht der Selbstständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein selbstständiger Handelsvertreter im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist und ihm Untervertreter zugeordnet sind, die ebenfalls als selbstständige Handelsvertreter fungieren.
2. Die Regelung des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 verstößt weder gegen Verfassungs- noch gegen Gemeinschaftsrecht. Insbesondere stellt sie keine Beschränkung der freien Berufswahl und keine Inländerdiskriminierung dar.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) ab 01. Januar 1999 streitig.
Der ... 1958 geborene Kläger übt seinen Angaben zufolge seit 01. Januar 1997 eine selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter aus. Im "Fragebogen" der Beklagten "zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für arbeitnehmerähnliche Selbständige" gab er an, nicht lediglich für einen Auftraggeber tätig zu sein und verwies auf die beigefügte "Liste der Auftraggeber und Produktpartner", in der er unter der Überschrift "Banken und Bausparkassen" sowie "Versicherungsgesellschaften" jeweils fünf Unternehmen und unter der Überschrift "Investmentgesellschaften" sechs Unternehmen aufgeführt hatte. Ausweislich des im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Vertrags hatte der Kläger am 25. bzw. 30. April 2000 mit der Deutschen Vermögensberatung Aktiengesellschaft (DVAG) den so genannten Vermögensberater-Vertrag abgeschlossen, nach dem er seine Vermittlungstätigkeit in der Rechtsstellung eines Handelsvertreters im Sinne der §§ 92, 84 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) ausübt. Zu seiner Tätigkeit ist unter Ziffer I. dieses Vertrages u. a. Folgendes ausgeführt:
"Bei der Erfüllung seiner vertraglichen Vermittlungsaufgaben, wozu ihm alle von der Gesellschaft jeweils bereitgestellten Vermögensanlagen (Produkte) zur Verfügung stehen, unterliegt der Vermögensberater keinen regionalen Beschränkungen; er ist berechtigt, diese Tätigkeit im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszuüben, und zwar nach seiner freien Wahl entweder in der Weise, dass er abweichend von § 84 III HGB neue Vermögensberater oder Vertrauensleute mit vertraglicher Bindung nur an die Gesellschaft gewinnt, schult und führt und seine Vermittlungserfolge durch Einsatz dieses Stammes von Vermögensberatern der Gesellschaft optimiert, oder aber indem er in Person Kunden berät und ihnen die Produkte der Gesellschaft vermittelt (Vermögensberater-Praxis), wobei der Vermögensberater berechtigt ist, diese beiden Formen der Vermittlungstätigkeit nicht nur alternativ, sondern auch nebeneinander zu praktizieren.
Für die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit bedarf der Vermögensberater der vorherigen schriftlichen Einwilligung durch die Gesellschaft. Werden vom Vermögensberater sonstige Erwerbstätigkeiten ausgeübt, sind diese der Gesellschaft unverzüglich schriftlich anzuzeigen."
Mit dem erwähnten Fragebogen ging bei der Beklagten am 02. August 2000 gleichzeitig auch der Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der RV für arbeitnehmerähnliche Selbständige ein.
Mit Bescheid vom 25. August 2000 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, das Antragsrecht gemäß § 231 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei auf den 30. Juni 2000 begrenzt gewesen. Da der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht erst nach diesem Zeitpunkt beantragt habe, sei der Antrag abzulehnen. Im Hinblick auf die Prüfung der Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erhalte er einen gesonderten Bescheid. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen Mit Bescheid vom 08. August 2001 stellte die Beklagte dann die RV-Pflicht des Klägers in seiner selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter ab 01. Januar 1999 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI fest. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger beschäftige im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Auch übe er seine Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, nämlich die DVAG aus. Die benannten 16 Finanz- und Versicherungsunternehmen seien Produkt- bzw. Kooperationspartner der DVAG und stellten in Bezug auf das mit der DVAG eingegangene Vertragsverhältnis keine eigenständigen Auftraggeber im Sinne der genannten Vorschrift dar. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger ohne Begründung Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten ein...