Leitsatz (amtlich)
Zur selbstständigen Tätigkeit bei der Erbringung von Dienstleistungen für einen Zahnarzt.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.06.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger.
Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Die Beigeladene ist gelernte Zahnarzthelferin. Sie gründete 2009 die Firma „W - Zahnärztliche Abrechnung", unter der sie diverse Serviceleistungen für Zahnarztpraxen anbietet (siehe hierzu www.W.de). Die Beigeladene hat 2009 ein entsprechendes Gewerbe bei der Stadt I angemeldet. Sie übernimmt seit 28.08.2016 für den Kläger und mindestens zwei weitere Zahnarztpraxen Praxisverwaltungstätigkeiten. Zur Ausübung dieser Tätigkeit verfügt sie über ein Auto, einen PC, einen Drucker, ein Mobiltelefon und die Abrechnungshilfe Daisy. Die Beigeladene arbeitet an einem Tag pro Woche zwischen einer und fünf Stunden für den Kläger. Die Tätigkeit fand bis Ende 2019 entweder in der Praxis des Klägers oder über einen Fernzugriff auf den Praxiscomputer vom Büro in der Privatwohnung der Beigeladenen aus statt. Seit Anfang 2020 führt die Beigeladene die Tätigkeiten ausschließlich in ihrem Büro in ihrer Privatwohnung durch. Sie stellt dem Kläger ihre Tätigkeit jeweils monatlich aufgeschlüsselt nach geleisteten Zeitstunden zu einem Stundenhonorar von 45 € zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung.
Am 21.06.2018 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf ihre Tätigkeit für den Kläger. Sie beantragte die Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Zu ihrer Tätigkeit gab sie an, dass sie die zahnärztliche Abrechnung vorbereite, auf Richtigkeit überprüfe und bis zum Versand fertigstelle. Ebenso stehe sie dem Praxisinhaber sowie den Mitarbeiterinnen bei Qualitätsmanagement- und Abrechnungsfragen zur Verfügung. Eine Kontrolle ihrer Arbeit erfolge durch den Auftraggeber nicht, da hierfür das notwendige Abrechnungsfachwissen fehle. Hin und wieder schule sie Mitarbeiter des Klägers in Abrechnungsfragen. Der Vertrag sei mündlich geschlossen worden. Eine Laufzeit sei nicht vereinbart worden. Das Verhältnis könne jederzeit mit sofortiger Wirkung beendet werden. Sie arbeite nicht mit anderen Mitarbeitern des Klägers zusammen. Im Team würden keine Aufgaben wahrgenommen. Sie selbst sei anderen gegenüber nicht weisungsbefugt und erhalte selbst keine Weisungen. Der Kläger übersende ihr lediglich eine wöchentliche Auflistung der Patientennamen, aus der sich ergebe, welche Patienten eine Planung erhalten sollen oder bei wem eine Arbeit eingegliedert werde. Sie habe keine eigenen Mitarbeiter. Bei Verhinderung bestehe die Möglichkeit, eine Ersatzkraft zu stellen, was bislang aber nicht praktiziert worden sei. Die Arbeit bleibe im Zweifel liegen. In der Praxis übernehme dann niemand ihre Tätigkeit. Sie selbst sei nicht verpflichtet, Arbeitskräfte in der Praxis zu vertreten. Im Gegensatz zu ihr trügen die festangestellten Mitarbeiter Teambekleidung, hätten feste Arbeitszeiten, Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und müssten an Teambesprechungen teilnehmen. Sie verfüge über einen eigenen Internetauftritt und gestalte ihre Preise auf Stundenbasis frei.
Der Kläger gab auf Nachfrage der Beklagten zur Tätigkeit der Beigeladenen an, dass es lediglich eine mündliche Abmachung gebe. Die Beigeladene kontrolliere die Abrechnung in seiner Praxis auf Richtigkeit, erstelle Heil- und Kostenpläne und rechne diese ab. Außerdem schule sie ihn und seine angestellten Mitarbeiterinnen in Abrechnungsangelegenheiten und unterstütze sie bei Fragen im Qualitätsmanagement. Die Beigeladene werde darüber informiert, welche Zahnersatzarbeiten eingegliedert worden seien und für welche Patienten Planungen zu erstellen seien. Im Übrigen sei keine Einweisung erfolgt. Die Beigeladene arbeite nach Bedarf, entweder über einen VPN-Zugriff aus ihrem Büro oder in seiner Praxis. Sie benötige zur Leistungserfüllung den Zugriff auf den Praxiscomputer, da interne Daten verarbeitet würden. Die Beigeladene werde durch niemanden vertreten. Bei längerem Ausfall könne sie eine Ersatzkraft selbst wählen. An Teambesprechungen nehme sie nicht teil. Mit seinen Mitarbeitern arbeite sie nicht zusammen. Sie übergebe an sie nur die überstellten Unterlagen zum Ausdrucken und Versenden. Die Beigeladene sei nicht weisungsbefugt und erhalte auch keine Weisungen. Er kontrolliere ihre Tätigkeit nicht. In seiner Praxis habe sie, wenn sie dort anwesend sei, einen Arbeitsplatz am Computer.
Nach Durchführung einer Anhörung des Klägers und der Beigeladenen stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 04.01.2019 gegen...