Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. unechter Grenzgänger. Verfügbarkeit. Erreichbarkeit. Briefkastenadresse
Orientierungssatz
1. Den Anforderungen an die Erreichbarkeit eines Arbeitslosen iS von § 119 Abs 3 Nr 3 SGB 3 iVm § 1 Abs 1 S 2 ErreichbAnO steht die europarechtliche Grundlage des Anspruchs des Arbeitslosen in Art 71 Abs 1 Buchst b Buchst i EWGV 1408/71 nicht entgegen.
2. Den Anforderungen an die Erreichbarkeit genügt es, wenn der Arbeitslose seine Wohnanschrift im Ausland angegeben hätte. Es wäre dann Sache des zuständigen Trägers (Bundesanstalt für Arbeit) gewesen, eine wirksame Kontrolle der Leistungsvoraussetzung der Verfügbarkeit - möglicherweise in Zusammenarbeit mit den Trägern des Wohnstaates - zu gewährleisten. Die Angabe einer Briefkastenadresse in Deutschland genügt nicht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juli 2001 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 28. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2000 ihrem Teilanerkenntnis gemäß verurteilt, dem Kläger vom 13. bis 24. April 2000 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosengeld (Alg) und die Pflicht zur Erstattung von 20.814,02 DM zuzüglich Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 6.954,59 DM; weiterhin begehrt der Kläger Alg für den Zeitraum 31. März bis 24. April 2000.
Der ... 1954 geborene Kläger war vom 11. Dezember 1972 bis 15. Juni 1999 zuletzt als Fahrer des Generalintendanten der D am R in D beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag vom 27. Januar 1999, wobei der Kläger bis zum 15. Juni 1999 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. In einem Beiblatt "Stellungnahme des Arbeitslosen" vom 24. Mai 1999 gab er an, nach einem gesundheitlich bedingten Umzug seiner Ehefrau von D nach St sei er zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ebenfalls nach St umgezogen. Am 4. Mai 1999 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt (ArbA) Freiburg arbeitslos und beantragte Alg. Als Adresse gab er W weg ... St an. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 6. August 1999 bewilligte das ArbA Alg für 540 Tage ab 16. Juni 1999 in Höhe von 557,06 DM wöchentlich (1.490,00 DM Bemessungsentgelt, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Ab 1. Januar 2000 betrug das bis 1. März 2000 gezahlte Alg 571,20 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 1.490,00 DM, Bescheid vom 4. Januar 2000). Vom 2. März bis 30. März 2000 absolvierte der Kläger eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die ihm von der Landesversicherungsanstalt Baden bewilligt worden war; in diesem Zeitraum bezog er Übergangsgeld (Bescheid der LVA Baden vom 23. März 2000). Die Bewilligung von Alg wurde deswegen bestandskräftig aufgehoben. Am 30. März 2000 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte Alg. Wiederum gab er als Adresse W weg ... St an. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Eine Außenprüfung am 10. April 2000 durch das ArbA ergab folgendes: Unter der Anschrift W weg ... in St befand sich das Anwesen der Familie W. Neben dem Namen W stand auch der Namen des Klägers. Dieser wurde nicht angetroffen. Beim Einwohnermeldeamt wurde festgestellt, dass nur der Kläger in St gemeldet war; seine Ehefrau war in Frankreich gemeldet. Auf der Klingel des Anwesens in Frankreich stand der Name W und B. Am 11. April 2000 sprach der Kläger persönlich beim ArbA vor. Mit dem Ermittlungsergebnis des ArbA konfrontiert, er habe seinen Lebensmittelpunkt nicht in St, sondern in Frankreich, äußerte er am 13. April 2000 telefonisch, er stelle dieses Ermittlungsergebnis -- Lebensmittelpunkt und Wohnungsnahme in Frankreich -- nicht in Frage. Beim Bürgermeisteramt St war für die Ehefrau des Klägers der Zuzug nach St am 1. April 1999 und ihr Wegzug am 1. Januar 2000 nach K Frankreich, ... registriert; für den Kläger war als Zuzugsdatum der 1. Mai 1999 festgehalten. Durch Bescheid vom 28. April 2000 hob das ArbA die Bewilligungsentscheidung über Alg ab 1. Januar 2000 auf und verpflichtete den Kläger zur Erstattung des bis 1. März 2000 gezahlten Alg in Höhe von 4.977,60 DM. Gleichzeitig verpflichtete es ihn zur Erstattung der auf das Alg in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.620,37 DM. Zur Begründung war ausgeführt, da der feste Wohnsitz des Klägers außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes liege und jener sich überwiegend dort aufhalte, stehe Alg nicht zu. Mit Bescheid gleichen Datums wurde der Antrag auf Bewilligun...