Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Fünfmonatsfrist für die nachträgliche (Abrechnungs-)Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren schließt die nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren nicht aus
Leitsatz (amtlich)
Die in § 7 Abs 5 S 2 Prüfverfahrensvereinbarung (Fassung 2014) (juris: PrüfvVbg) festgelegte Fünfmonatsfrist für die nachträgliche (Abrechnungs-)Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren schließt die nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren nicht aus. Das Krankenhaus ist nach Fristablauf mit (neuem) Abrechnungsvorbringen nur für das (laufende) MDK-Prüfverfahren ("formell"), nicht jedoch für ein (nachfolgendes) Gerichtsverfahren ("materiell") präkludiert und auch nicht an der Geltendmachung durch nachträgliche Rechnungskorrektur gehindert (anders: Umsetzungshinweise der Deutschen Krankenhausgesellschaft zur Prüfverfahrensvereinbarung in: Das Krankenhaus, 2014, 938, 952).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.03.2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 753,67 € endgültig festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Krankenhausbehandlung eines Mitglieds der Beklagten.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses (§ 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Der 1924 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert gewesene P. H. (im Folgenden: Versicherter) wurde vom 03.01.2015 (Notfalleinlieferung) bis zu seinem Tod am 04.01.2015 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt.
Mit Rechnung vom 10.02.2015 stellte die Klägerin der Beklagten für die Krankenhausbehandlung des Versicherten eine Vergütung i.H.v. 5.933,87 € in Rechnung. Abgerechnet wurde (u.a.) die DRG (Diagnosis Related Group) G10Z (bestimmte Eingriffe an hepatobiliärem System, Pankreas, Niere und Milz) unter Ansatz (u.a.) der OPS- Kodes (OPS: Operationen- und Prozedurenschlüssel) 5-511.42 und 5-514.d0.
Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) aber unter dem 27.02.2015 mit einer Abrechnungsprüfung. Die Fragestellung des Prüfauftrags lautete: „Ist/sind die Prozedur(en) korrekt? - MDK Direktberatung erfolgte, OPS wie gekennzeichnet nicht nachvollziehbar. Zu ersetzen durch 5-511.02?“
Mit Schreiben vom 27.02.2015 teilte der MDK der Klägerin den Prüfauftrag unter Wiedergabe der Fragestellung des Prüfauftrags mit und forderte die Behandlungsunterlagen des Versicherten an.
Im MDK-Gutachten vom 09.07.2015 führte Dr. K. aus, der OPS-Kode 5-511.42 sei korrekt kodiert, nicht jedoch der OPS-Kode 5-514.d0, dieser sei im OPS-Kode 5-511.42 abgebildet.
Mit Schreiben vom 13.07.2015 forderte die Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf das Ergebnis der Abrechnungsprüfung zur Rechnungskorrektur auf.
Mit Schreiben vom 27.10.2015 erhob die Klägerin Widerspruch gegen das MDK-Gutachten vom 09.07.2015. Man könne die Streichung des OPS-Kodes 5-514.d0 nachvollziehen; dann wäre (nur) die DRG G18C abzurechnen. Der MDK habe indessen die ausweislich des OP-Berichts durchgeführte Adhäsiolyse nicht gesehen. Hierfür müsse der OPS-Kode 5-460.20 nachkodiert werden mit der Folge, dass die DRG G04B (Adhäsiolyse am Peritoneum, Alter ≪ 4 Jahre oder mit äußerst schweren oder schweren CC oder kleine Eingriffe an Dünn- und Dickdarm mit äußerst schweren CC, Alter ≪ 5 Jahre, ohne best. PTAs an abdominalen Gefäßen) abzurechnen sei.
Mit Schreiben vom 04.11.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geschlossene (zum 01.09.2014 in Kraft getretene und für Krankenhausbehandlungen ab 01.01.2015 geltende) Prüfverfahrensvereinbarung (im Folgenden nur: PrüfvV) sehe einen Widerspruch gegen den Leistungsentscheid (der Krankenkasse) nicht vor. Man bitte (erneut) um Rechnungskorrektur binnen 14 Tagen; andernfalls werde aufgerechnet.
Nach Ausbleiben der angemahnten Rechnungskorrektur verrechnete die Beklagte am 04.11.2015 einen (Erstattungs-)Betrag i.H.v. 2.051,25 € mit unstreitigen Forderungen der Klägerin. Der Erstattungsbetrag ergibt sich, wenn anstelle der DRG G10Z die (nach Streichung des OPS-Kodes 5-514.d0 einschlägige) DRG G18C abgerechnet wird.
Mit Rechnung vom 26.11.2015 stornierte die Klägerin die Rechnung vom 10.02.2015 und stellte der Beklagten für die Krankenhausbehandlung des Versicherten (nunmehr) eine Vergütung i.H.v. 4.636,29 € in Rechnung. Abgerechnet wurde (u.a.) die DRG G04B unter Ansatz des OPS-Kodes 5-469.20.
Mit Schreiben vom 01.12.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das Prüfverfahren sei abgeschlossen. Die Erstellung einer neuen Rechnung sei nach Maßgabe der PrüfvV nicht zulässig.
Nachdem die Beklagte die mit Rechnung vom 26.11.2015 geforderte Vergütung nicht gezahlt hatte, erhob die Klägerin am 22.01.2016 Klage b...