Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Altenhilfe. Kosten für einen Telefon- und Internetanschluss. Nachrangigkeit. Überschneidung mit den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Bedarfsdeckung durch den Regelsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Leistungen der Altenhilfe nach § 71 SGB XII sind gegenüber anderen Leistungen nach dem SGB XII subsidiär, dh nachrangig. Bei sachlichen Überschneidungen mit anderen Leistungen nach dem SGB XII - vorliegend der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - sind diese vorrangig zu gewähren.
2. Grundsätzlich ist der Bedarf an Telekommunikation aus der Regelsatzleistung zu decken. Eine Übernahme entsprechender Kosten im Rahmen der Altenhilfe kommt im Regelfall nicht in Betracht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. März 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für einen Telefonanschluss und der monatlichen Grundgebühr.
Der 1933 geborene, alleinstehende Kläger, der bei der A. in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner versichert ist, bezieht - ergänzend neben seiner Altersrente seitens der D. (monatlich 329,10 €, ab Juli 2014 334,60 €, ab Januar 2015 333,48 € und ab Juli 2015 340,48 €) und des französischen Rentenversicherungsträgers (monatlich 67,29 €) - durch den Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), wobei der Beklagte den Regelbedarf, einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung und die Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt (Bescheid vom 4. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2013 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2014; Bescheide vom 16. Juni 2014, 26. Juni 2014, 24. Februar 2015 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Juli 2014 bis zum 30. Juni 2015; Bescheid vom 15. Juni 2015 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2016)
Am 11. März 2014 beantragte der Kläger die “Übernahme der Telefonanschlusskosten sowie der Grundgebühr hierzu„. Der Antragsteller sei von 8 (Fach-)Ärzten andauernd in Behandlung unterworfen. Er bewohne eine Wohnung allein und sei krank. Daher sei er auf eine Verbindung mit der Gesellschaft außerhalb des eigenen Bereichs bzw. der Außenwelt mittels des Telefons angewiesen.
Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 26. März 2014 ab. Gemäß § 42 SGB XII umfassten die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung u.a. den für den Leistungsberechtigten maßgeblichen Regelsatz nach § 28 SGB XII. Nach § 5 Abs. 1, Abteilung 8 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Sozialgesetzbuchs (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - ≪RBEG≫) sei für die Nachrichtenübermittlung ein Betrag in Höhe von 31,96 € im Regelbedarf enthalten. Für den Telefonanschluss und die Grundgebühr könne daher eine zusätzliche Leistung nicht bewilligt werden.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers (Schreiben vom 4. April 2014) als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. April 2014).
Dagegen hat der Kläger am 6. Mai 2014 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Der Kläger hat zur Begründung vorgebracht, dass die begehrten Leistungen auf Grundlage des § 71 SGB XII als Altenhilfe zu erbringen seien. Nach der gegenwärtigen Lage sei er - der Kläger - nicht im Stande, in einem Notfall u.a. mit einem Arzt fernmündlich Verbindung aufzunehmen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2015 abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten für einen Telefonanschluss und für Telefongebühren zu. Die Leistungen der Altenhilfe nach § 71 SGB XII seien gegenüber den übrigen Leistungen nach dem SGB XII subsidiär. Diese Subsidiarität schließe es im Regelfall aus, dass Telefonkosten bei Empfängern mit laufenden Grundsicherungsleistungen im Rahmen der Altenhilfe zu übernehmen seien. Besondere Umstände, die die Übernahme von Telefonkosten im Rahmen der Altenhilfe rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.
Der Kläger wendet sich mit seiner am 14. April 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung gegen das ihm am 31. März 2015 zugestellte Urteil, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Die Leistungen der Altenhilfe nach § 71 SGB XII seien ergänzend zu den anderen Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Im Übrigen habe das SG die einschlägige Rechtsprechung nicht beachtet.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 hat der Kläger mitgeteilt, dass ihm am 26. März 2015 ein Telefonanschluss seitens der Firma mit einer Laufzeit von 24 Monaten zur Verfügung gestellt worden sei. Diese Firma hat dem Kläger mit Schreiben vom 3. März 2015 eine monatliche Grundgebühr in Höhe von 29,99 €, eine einmalige Technikergebühr in Höhe von 39,90 € sowie Versandkosten in Höhe von 9,60 € in Rechnung gestellt.
Der Kläger beantragt nunmeh...