Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit. Berufskraftfahrer mit Erlaubnis zur Beförderung von Personen. Mehrstufenschema. Facharbeiter

 

Orientierungssatz

Die besondere Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 15d Abs 1 Nr 1 StVZO stellt ein zusätzliches Qualifikationsmerkmal dar, das dem im Personenverkehr tätigen Berufskraftfahrer den sozialen Status zumindest eines Facharbeiters verleiht (vgl LSG Mainz vom 29.1.1990 - L 2 J 105/89 und LSG Celle vom 16.6.1994 - L 10 J 117/93 = NdsRpfl 1995, 115).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit.

Der 1941 geborene Kläger hat -- eigenen Angaben zufolge -- keinen Beruf erlernt. Zuletzt war er ab dem 14.06.1971 bei den Stadtwerken ... als Busfahrer versicherungspflichtig beschäftigt und erhielt eine Vergütung nach der Lohngruppe F 1 A des Bezirkslohntarifvertrages Nr. 5 F für das Fahrpersonal der kommunalen Verkehrsbetriebe vom 15.04.1991. Seit dem 08.11.1993 ist der Kläger arbeitsunfähig krank; seither übt er keine Erwerbstätigkeit mehr aus.

Am 15.11.1994 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, ihm Versichertenrente wegen verminderter Leistungsfähigkeit zu gewähren. Zur Feststellung seines gesundheitlichen Leistungsvermögens ließ die Beklagte ihn durch die Internistin Dr. ... untersuchen und begutachten. Unter Auswertung weiterer Arztunterlagen, u.a. eines für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg erstellten Gutachtens der Ärztin Dr. ... diagnostizierte Dr. ... als Gesundheitsstörungen chronische Lumbalgien bei computertomographisch nachgewiesenem Bandscheibenvorfall im Segment L6/S1 (gemeint: L5/S1) links und degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen. Der Kläger habe ein Fortbestehen seiner Beschwerden geschildert, die auf die bisher durchgeführte Behandlung nicht angesprochen habe. Zur genauen Einschätzung seines Restleistungsvermögens empfahl Dr. ... eine stationäre fachübergreifende Begutachtung. Dem widersprach der Beratungsarzt Dr. ...; er erachtete den Kläger als Bus- und Straßenbahnfahrer seit November 1993 für nur noch unter halbschichtig leistungsfähig; körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen könne er weiterhin vollschichtig und regelmäßig verrichten; vermeiden müsse er häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, eine überwiegend einseitige Körperhaltung sowie häufiges Bücken. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig (Bescheid vom 16.01.1995).

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, bei seiner Tätigkeit als Busfahrer, die er täglich zwischen acht und neun Stunden ausübe, sei er ständigen Stauchungen der Wirbelsäule ausgesetzt; er könne deshalb den Beruf nicht mehr ausüben. Auch sonstige Tätigkeiten könne er weder vollschichtig noch halbschichtig verrichten. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte er u.a. Arztbriefe des Bezirkskrankenhauses ... vor.

Zu den beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten des Klägers holte die Beklagte die Auskunft der Stadtwerke ... GmbH ein, derzufolge der Kläger nach einem Dienstplan als Busfahrer auf ihren Fahrlinien eingesetzt gewesen sei; ferner habe er teilweise Einzelfahrscheine an Fahrgäste verkauft und sei für die korrekte Abrechnung der Fahrgeldbestände zuständig gewesen. Die Tätigkeit verlange im allgemeinen eine Berufsausbildung sowie den Besitz des Führerscheins der Klasse 2 und eines Personenbeförderungsscheins. Die Lohngruppe F 1 A enthalte einen vierjährigen Tätigkeitsaufstieg aus der Lohngruppe F 1. Der Kläger gehöre der Gruppe der Facharbeiter an.

Zur Feststellung des gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers veranlaßte die Beklagte sodann Untersuchungen und Begutachtungen durch den Chirurgen Dr. ..., den Neurologen und Psychiater Dr. ... sowie die Internisten und Sozialmediziner Dres. ... und ....

Dr. ... diagnostizierte als Gesundheitsstörungen Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall bei L5/S1, beginnende Arthrose beider Hüftgelenke und Hohl-Spreiz-Füße. Eine wesentliche Beeinträchtigung von seiten der Wirbelsäule habe er nicht erhoben. Die Entfaltbarkeit sei lediglich gering vermindert und noch ausreichend erhalten; auch die Funktionen der übrigen Wirbelsäulenabschnitte seien noch genügend. Hinweise auf ständige Nervenwurzelreizerscheinungen sowie neurologische Ausfälle habe er nicht erhoben. Die beginnende Arthrose an den Hüftgelenken bewirke keine stärkere Funktionseinschränkung und sei ohne wesentliche Auswirkung auf das gesundheitliche Leistungsvermögen. Als Busfahrer könne der Kläger nicht mehr arbeiten; sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne er bei Vermeidung von häufigem Bücken oder anderen Zwangshaltungen vollschichtig verrichten.

Dr. ... diagnostizierte als weitere Gesundheitsstörungen anamnestisch mögliche zeitweise Irritationen bei L4, ...

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