Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Einkommenseinsatz. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. keine Verrechnung positiver mit negativen Einnahmen verschiedener Einkunftsarten (Verlustausgleich)
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Berechnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nach § 4 DV-§ 82 SGB XII (juris: BSHG§76DV).
2. Gem § 10 DV-§ 82 SGB XII (juris: BSHG§76DV) ist grundsätzlich ein Verlustausgleich, dh die Verrechnung positiver mit negativen Einnahmen verschiedener Einkunftsarten, ausgeschlossen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 2. Mai 2017 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 18. August 2014 und 15. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. Juni 2015 verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für April und Mai 2014 in Höhe von monatlich 1,10 €, für Oktober 2014 in Höhe von 1,00 € sowie für November und Dezember 2014 in Höhe von monatlich 2,69 € zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Monate April und Mai 2014 sowie Oktober bis Dezember 2014 unter Berücksichtigung von Absetzbeträgen für eine selbständige Tätigkeit.
Der 1943 geborene, im streitgegenständlichen Zeitraum alleinstehende Kläger bezieht seit März 2009 eine Altersrente seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV), zuletzt in Höhe von monatlich 423,59 €, ab Juli 2014 430,66 €, ab Juli 2015 438,23 €, ab Juli 2016 456,32 € und ab Juli 2017 463,98 €. Weiterhin ist der Kläger selbständig als Techniker tätig und erledigt für verschiedene Ingenieurbüros Aufträge. Insofern wurden seinem Konto am 15. Oktober 2013 6.183,75 €, am 28. Oktober 2013 1.204,76 €, am 25. März 2014 424,59 € und weitere 983,89 €, am 10. November 2014 43,79 €, am 16. Juni 2015 1.666,00 € und am 6. Juli 2015 2.272,00 € als Vergütung gutgeschrieben. Der Kläger ist Mitglied der Industrie- und Handelskammer; hinsichtlich der Zahlung des Mitgliedsbeitrages war er im Jahr 2014 freigestellt (Beitragsbescheid vom 4. Februar 2015).
Das Finanzamt R setzte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen für 2012 7.647,00 €, 2013 9.192,00 €, 2014 -2.114,00 € und für 2015 -2.640,00 € an. In der Einkommenssteuererklärung für 2016 gab der Kläger an, keine Betriebseinnahmen erzielt zu haben.
Der Kläger ist bei der AOK Baden-Württemberg kranken- und pflegeversichert und musste im streitbefangenen Zeitraum monatliche Beiträge in Höhe von 76,23 € (Krankenversicherung 67,01 €, Pflegeversicherung 9,22 €) und ab 1. Juli 2014 monatlich 74,89 € (Krankenversicherung 65,83 €, Pflegeversicherung 9,06 €) entrichten (vgl. Bescheide der AOK Baden-Württemberg vom 6. Februar 2014 und vom 29. Mai 2015).
Der Kläger bewohnt aufgrund einer ordnungspolizeilichen Zuweisung eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der A. Straße ... in R., für die er in der streitbefangenen Zeit eine monatliche Nutzungsgebühr in Höhe von 244,26 € und ab November 2014 in Höhe von 245,95 € zu entrichten hatte. Außerdem hatte er in diesem Zeitraum monatliche Abschläge für Heizgas in Höhe von 48,00 € sowie für Wasser und Abwasser in Höhe von 19,00 € zu entrichten. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte dezentral durch einen Elektro-Warmwasserboiler.
Der Kläger bezog durch die Beklagte ergänzend zu seinen Einkünften in den Monaten Januar 2010 bis Juni 2011, Januar 2012, März bis April 2012, Dezember 2012 und Februar bis Juli 2013 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
Am 31. März 2014 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII für die Monate April und Mai 2014. Aktuell seien keine Arbeitsaufträge vorhanden. Am 11. Juli 2014 teilte er der Beklagten mit, dass aktuell keine Arbeitsaufträge vorlägen, deshalb beantragte er Leistungen für die Monate April bis September 2014.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 18. August 2014 für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. September 2014 laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII und zwar in Höhe von monatlich 286,66 € (April bis Juni 2014) und 279,59 € (Juli bis September 2014). Dabei berücksichtigte sie einen Regelbedarf in Höhe von 391,00 €, einen Mehrbedarf für die Warmwasserbereitung in Höhe von 8,99 €, die Nutzungsgebühr für die Wohnung in Höhe von 244,26 €, laufende Heizkosten in Höhe von 48,00 € und laufende Wasserkosten in Höhe von 18,00 € und setzte davon die Altersrente des Klägers (April bis Juni 2014 monatlich 423,59 € und Juli bis September 2014 430,66 €) als Einkommen ab. Dagegen legte der Kläger am 26. August 2014 Widerspruch ein un...