Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Berechnung des Krankengeldes bei Grenzgängern
Orientierungssatz
Für die Gewährung von Krankengeld an Versicherte, die in einem anderen Mitgliedstaat (als Deutschland) wohnen, ist das für die Bemessung der Leistung maßgebliche Nettoarbeitsentgelt so zu berechnen, als ob diese in der Bundesrepublik Deutschland wohnten. Damit sind die zu berücksichtigenden Steuern fiktiv zu ermitteln und die im Wohnland zu zahlenden Steuern bleiben außer Betracht. Darin liegt weder ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Art 48 EGVtr.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Krankengeldes (Krg).
Der am 27. Mai 1950 geborene Kläger, der im Elsaß (Frankreich) lebt und französischer Staatsbürger ist, war bei der S. Schallschutz- und Abgasanlagen GmbH in K. als Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt. Da er der Beschäftigung von seinem Wohnort aus als sogenannter Grenzgänger nachging, waren aufgrund des zwischen Frankreich und Deutschland bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens von seinem Lohn keine Steuern abzuführen. Ab 15. Januar 1992 war er arbeitsunfähig und erhielt bis 29. Februar 1992 den Lohn fortgezahlt; ab 1. März 1992 bezog er Krg. Vom 21. Juli bis 18. August 1992 mit Schonungszeit bis 21. August 1992 befand er sich in einer vom Rentenversicherungsträger durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme und erhielt Übergangsgeld und von der Beklagten einen Krankengeldspitzenbetrag. Anschließend arbeitete er wieder. Am 9. Oktober 1992 trat erneut Arbeitsunfähigkeit ein. Wegen der Höhe des vom 10. bis 21. Oktober 1992 gezahlten Krg ist beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe unter dem Aktenzeichen S 5 Kr 2753/93 ein gesonderter Rechtsstreit anhängig.
Durch Bescheid vom 9. April 1992 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. März 1992 Krg in Höhe von netto (nach Abzug der Beitragsanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung) 97,36 DM kalendertäglich, wobei sie von dem Nettolohn ausging, den ein vergleichbarer im Inland wohnender Arbeitnehmer nach Abzug von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer gehabt hätte, was sie auf den Widerspruch des Klägers im Schreiben vom 30. April 1992 ausführlich darstellte. Durch Bescheid vom 26. Juni 1992 i.V.m. dem Schreiben vom 22. Juni 1992 änderte sie das Krg auf 100,26 DM kalendertäglich, indem sie keine Kirchensteuer mehr und bei der Lohnsteuer drei statt wie vorher zwei Kinder berücksichtigte. Den wegen des fiktiven Steuerabzugs aufrechterhaltenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuß der Beklagten durch Bescheid vom 11. Februar 1993 zurück.
Zur Begründung seiner hierwegen beim SG Karlsruhe erhobenen Klage brachte der Kläger vor, er erleide durch die Berücksichtigung der fiktiven Steuern einen Nachteil, der bei der Besteuerung in Frankreich nicht ausgeglichen werde, zumal er das Krg dort versteuern müsse. Die von der Beklagten angewendeten Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft (EG) seien verfassungswidrig. Da die fiktiven Steuern nicht an das Finanzamt abgeführt würden, sei auch kein Lohnsteuerjahresausgleich möglich. Der Kläger legte in Kopie seinen (französischen) Steuerbescheid für 1992 vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheids entgegen. Sie legte u.a. in Kopie das Rundschreiben Nr. 67/1983 der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland vom 17. Oktober 1983 vor.
Durch Urteil vom 28. September 1994, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen dieses, seinen Prozeßbevollmächtigten am 23. November 1994 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 7. Dezember 1994 schriftlich beim Landessozialgericht eingelegten Berufung. Er meint, er werde aufgrund seines Status als Grenzgänger diskriminierend behandelt. Es könne nicht rechtens sein, daß er in Deutschland das Krg unter Berücksichtigung eines fiktiven Lohnsteuerabzugs erhalte und für dieses dann in Frankreich nochmals Steuern zahlen müsse. Es dürften nur die tatsächlich in Frankreich gezahlten, viel geringeren Steuern berücksichtigt werden. Der Kläger hat in Kopie den NJW-Wochenspiegel Heft 10, 1995 und auszugsweise seinen französischen Steuerbescheid für 1991 vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. April 1992 in der Gestalt des Bescheids vom 26. Juni 1992 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Februar 1993 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. März bis 20. Juli 1992 und vom 10. bis 21. Oktober 1992 höheres Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf das angefochtene Urteil und meint, die Entscheidung über das im Oktober 1992 gezahlte Krg sei nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden. Sie hat einen Auszug aus ihrer Satzung nach dem Stand vom 1. Januar 1992 vorgelegt
Der Berichterstat...