Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der Erwerbsminderung
Orientierungssatz
Das Risiko der Arbeitslosigkeit geht jedenfalls bei Versicherten, die noch vollschichtig tätig seien können, nicht zu Lasten der Rentenversicherung (Anschluß an BSG vom 12.6.1996 - 5 RJ 2/96 = SozR 3-2600 § 43 Nr 11 und BSG vom 18.7.1996 - 4 RA 33/94 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 52).
Tatbestand
Im Streit ist die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Der am 14.03.1938 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger. Er hat einen Beruf nicht erlernt. Der Kläger war von November 1962 bis Februar 1989 im Bundesgebiet als ungelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluß bezog er bis zu seiner Rückkehr nach Griechenland im Januar 1991 Krankengeld bzw. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Der Kläger stellte dann aus Griechenland über den dortigen Sozialversicherungsträger IKA am 18. März 1991 Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Diesem Rentenantrag war beigefügt ein ärztlicher Bericht der IKA Zweigstelle K. vom 22.05.1991. Als Diagnosen wurden angegeben postoperatives Glaukom linkes Auge, Sehvermögen rechtes Auge 5 bis 6/10, linkes Auge 4 bis 5/10 mit Regulierung (12 %), HWS-Syndrom, Lumbalgie wegen Spondylarthropathie (30 %), arterielle Hypertonie (20 %). Als Leistungsminderungsgrad wurde ein solcher von 51 % ab 18.03.1991 vorgeschlagen. Beigefügt waren diesem ärztlichen Bericht diverse Befundberichte der den Kläger in den Jahren 1988 bis 1990 behandelnden Ärzte. Nach Auffassung des Prüfarztes der Beklagten, Dr. S., war der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne häufiges Bücken, häufiges Klettern oder Steigen sowie ohne Absturzgefahr und nicht an laufenden Maschinen und ohne Anforderung an die volle Sehleistung vollschichtig zu verrichten.
Mit Bescheid vom 27.02.1992 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab.
Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Zur Begründung legte er Berichte seiner ihn in Deutschland behandelnden Ärzte sowie noch 3 Atteste griechischer Ärzte vom Mai 1991 vor, in denen das Wirbelsäulenleiden, das bekannte Augenleiden und arterielle Hypertonie beschrieben wurden. Die Beklagte ließ daraufhin den Kläger von dem Augenarzt Prof. A. sowie dem Orthopäden Dr. L. untersuchen und begutachten. Prof. A. kam in seinem Gutachten vom 15.02.1993 zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden Linsenlosigkeit, künstliche Intraokularlinse links, Sekundärglaukom links, Zustand nach Katarakt- und Netzhautablösungsoperation, Gesichtsfeldeinschränkung und Papillenexcavation links, beginnende Linsentrübung rechts, Weitsichtigkeit rechts, Alterssichtigkeit beidseits sowie Bindehautentzündung beidseits. Der Kläger sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten ohne große Anforderung an das Sehvermögen vollschichtig zu verrichten. Der Orthopäde L. führte in seinem Gutachten vom 24.03.1993 aus, beim Kläger bestünden Nackenschmerzen infolge ausgeprägter degenerativer Veränderungen der HWS im Sinne einer Osteochondrose, Spondylose und Uncarthrose ohne sichere Nervenwurzelreizerscheinungen, Rückenschmerzen infolge degenerativer Veränderung der BWS, Lumbalgie infolge degenerativer Veränderung der LWS, leichte Krampfaderbildungen an beiden Unterschenkeln ohne Hautveränderungen und Ödembildungen, ekzematös veränderte Hohlhandhaut linksseitig ohne Entzündungszeichen. Der Kläger sei noch in der Lage vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, häufiges Klettern oder Steigen und Absturzgefahr sowie ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturunterschiede und Nässe zu verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.1993 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 12. August 1993 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben. Er verwies darauf, daß die bei ihm bestehende arterielle Hypertonie nicht berücksichtigt sei und legte schließlich einen Bericht des Arztes D. M. G. aus K. vom 23.11.1993 vor. Hierin wurden als Diagnosen genannt arterielle Hypertonie, chronische Bronchitis, Schwindelsyndrom mit Dröhnen an den Ohren sowie HWS-, BWS- und LWS-Spondylarthropathie. Der Kläger sei arbeitsunfähig. Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von Dr. med. L., Arzt für innere Krankheiten und Kardiologie in T. eingeholt. Dieser führte in seinem Gutachten vom 18.03.1994 mit Ergänzung vom 4. Januar 1995 aus, der Kläger leide an einer primären Hypertonie vom Stadium III, also einer mittelschweren Form. Aufgrund dieser Erkrankung seien zu vermeiden mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten, Steigen auf Leitern, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten an ge...