Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Bestattungskosten. Erforderlichkeit. Unzumutbarkeit der Kostentragung. Inanspruchnahme der Miterben
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für die Übernahme erforderlicher Bestattungskosten im Rahmen des § 74 SGB XII und der Frage der Zumutbarkeit, inwieweit die Kosten selbst zu tragen sind und gegebenenfalls Miterben in Anspruch zu nehmen sind.
Normenkette
SGB XII §§ 74, 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 19 Abs. 3, § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 3; AGSG Baden-Württemberg § 2; BGB §§ 421, 426, 650, 677, 683, 1968, 2058; SGG § 54 Abs. 1, 4, § 112 Abs. 2 S. 2, § 123
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. März 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme weiterer Bestattungskosten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Streit.
Die 1954 geborene Klägerin ist Tochter des E. K.. Ihr Vater, der seinen Wohnsitz zuletzt in der Stadt W. hatte, verstarb am Donnerstag, den 5. Januar 2012 in S. Erben wurden aufgrund einer Verfügung von Todes wegen die Ehefrau, die Klägerin und ihr Bruder, der in Südafrika lebt.
Die Klägerin beauftragte ein Bestattungsunternehmen mit der Feuerbestattung ihres Vaters und veranlasste die Überführung und Beisetzung der Urne auf dem Friedhof S. in den Niederlanden. Das Bestattungsunternehmen stellte ihr für die Bestattung einen Betrag in Höhe von 3.813,90 € sowie weitere 30,00 € für den Versand der Urne in Rechnung. Das Krematorium S. berechnete für die Anforderung und Aufbewahrung der Urne einen Betrag in Höhe von 383,50 € (wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Rechnungen des Bestattungsunternehmens Abschied-Nehmen vom 10. Januar 2012 und 26. Januar 2012 sowie die “Factuur„ der Y. F. BV vom 15. Februar 2012, Bl. 11/14 und Bl. 11/6 der Verwaltungsakte der Beklagten - VA - sowie Bl. 37 SG-Akte Bezug genommen).
Am 18. Januar 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Übernahme der Kosten für die Bestattung ihres Vaters. Im Antragsformular gab sie an, ihren Lebensunterhalt aus Arbeitslosengeld II zu bestreiten und an Vermögen einen Genossenschaftsanteil in Höhe von 1.000,00 € sowie ein Auto zu besitzen. Die Beklagte forderte zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im Weiteren noch Nachweise an. Nachdem die Klägerin der Aufforderung auch nach mehrfacher Erinnerung nicht nachkam, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24. Mai 2012 wegen fehlender Mitwirkung ab.
Das Bestattungsunternehmen erhob in der Folge vor dem Amtsgericht Waiblingen (8 C 1452/12) Klage gegen die Klägerin auf Zahlung von 3.843,90 €. Ein Bekannter der Klägerin überwies daraufhin einen Betrag von 2.500,00 € an das Unternehmen (Zahlungseingang am 26. Oktober 2012).
Am 25. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Übernahme der Bestattungskosten. Sie legte mit ihrem Antrag Nachweise zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, den angefallenen Bestattungskosten und dem Nachlass vor. Die Beklagte holte im Weiteren beim Nachlassgericht eine Auskunft zu den Erben und zum Wert des Nachlasses ein. In der Auskunft nannte das Notariat W. als Miterben die Klägerin, deren Mutter und den Bruder, als dessen Anschrift “Südafrika„ angegeben ist. Auf dieser Grundlage bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 10. Januar 2013 eine Beihilfe zur Bestreitung der Bestattungskosten in Höhe von 1.002,50 €. Die Beklagte war hierbei von insgesamt berücksichtigungsfähigen Bestattungskosten in Höhe von 2.005,00 € ausgegangen und im Weiteren davon, dass auf den Bruder der Klägerin kein Rückgriff genommen werden könne.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und bat in dem Zusammenhang um Benennung derjenigen Rechnungsposten, die nicht berücksichtigt worden seien. Daraufhin übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 2013 (Bl. 13/2 VA) ihr eine Gegenüberstellung der abgerechneten und der übernommenen Bestattungskosten. Im Weiteren hielt die Klägerin an ihrem Widerspruch fest und machte geltend, der Leistungsbescheid sei unbestimmt und fehlerhaft. Obwohl Bestattungskosten in Höhe von 3.813,90 € sowie weitere Kosten für die Trauerfeier, Trauergäste, Fremdunterbringungskosten, den Leichenschmaus, Blumen, Musik, Karten und die Ersatzpflegekraft der Mutter entstanden seien, werde ihrer Mutter und ihr nur ein Gesamtbetrag von 2.005,00 € zugebilligt. Die konkreten Rechtsgrundlagen, auf denen die erheblichen Kürzungen beruhten, seien nicht angegeben worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin und ihre Mutter seien als zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichtete zwar berechtigt, einen Antrag auf Übernahme der erforderlichen Kosten für die Bestattung zu stellen. Denn die Klägerin, ihre Mutter und ihr Bruder seien Erben des Verstorbenen geworden und hafteten für die Nachlassverbin...