Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. mitarbeitender Geschäftsführer im Einzelunternehmen des Lebenspartners. Verteilung der Rechtsmacht. sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung von in Fitnessstudios tätigen Fitnesstrainern
Leitsatz (amtlich)
1. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung des als Lebenspartner im (als Einzelunternehmen verfassten) Unternehmen seiner Lebensgefährtin (mit-)arbeitenden Geschäftsführers ist grundsätzlich die Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen bzw die rechtliche Zuordnung des Unternehmens maßgeblich. Die Verbindung der Beteiligten durch eine persönliche Beziehung ist ebenso unerheblich wie das rechtliche Band einer möglicherweise (auch durch schlüssiges Verhalten) gegründeten und jederzeit kündbaren Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Innen-GbR.
2. Zur sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung von in Fitnessstudios tätigen Fitnesstrainern.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.03.2015 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 94.137,22 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialabgaben für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) während der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.12.2010.
Die (1966 geborene) Klägerin war während der streitigen Zeit (01.01.2007 bis 31.12.2010) Inhaberin des als Einzelunternehmen verfassten Fitnessstudios “I. M. e.K.„ (Gewerbeanmeldung vom 01.10.1999: “Fitness-Club„; Gewerbeummeldung vom 11.01.2008: “Fitnessstudio, Gesundheitszentrum„; zuvor Firma des Unternehmens: “M. Fitness und Wellness„). Das Unternehmen wurde Ende 2012 im Wege der Abspaltung aus dem Vermögen der Klägerin ausgegliedert und als GmbH - “I. M. GmbH„ - verfasst. Die Klägerin ist Alleingesellschafterin der GmbH und zu deren (alleiniger) Geschäftsführerin bestellt (notarielle Urkunde des Notariats B. vom 20.12.2012).
Am 04.04.2011 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung im Unternehmen der Klägerin durch und stellte (u.a.) Ermittlungen zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) an.
Der (1965 geborene) Beigeladene zu 1) gab auf einem (im Widerspruchsverfahren vorgelegten) Fragebogen unter dem 23.08.2011 an, er sei seit 1995 Unternehmer. Ein Gewerbe habe er nicht angemeldet; eine Betriebsnummer sei nicht vergeben worden. Er habe ein häusliches Arbeitszimmer. Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Die näheren Arbeitsbedingungen (seiner Tätigkeit für die Klägerin) seien weder schriftlich noch mündlich festgelegt. Arbeitszeiten seien nicht einzuhalten und er dürfe den Arbeitsort frei wählen. Werbung für die eigene Leistung betreibe er u.a. über das Internet und mit Flyern. Weisungen hinsichtlich der Ausführung seiner Arbeit, die er nicht persönlich leisten müsse, würden nicht erteilt und seine Arbeit werde auch nicht kontrolliert. Er dürfe Hilfskräfte ohne Erlaubnis der Klägerin einsetzen. In den betrieblichen Arbeitsablauf des Unternehmens der Klägerin sei er nicht eingegliedert. Er führe nicht die gleiche Arbeit wie die fest angestellten Mitarbeiter der Klägerin aus und müsse Berichte nicht abgeben. Arbeitsmittel würden ihm nicht kostenlos zur Verfügung gestellt. Er müsse eigenes Kapital einsetzen. Aufträge (der Klägerin) dürfe er ablehnen. Kalkulationsangebote in Konkurrenz zu anderen gebe er nicht ab. Er trage als “Vollhafter„ ein Unternehmerrisiko. Er habe mehrere Auftraggeber, für die er arbeiten dürfe, und verfüge über einen eigenen Kundenstamm. Seine Preise könne er selbst gestalten. Er erbringe seine Leistung nicht ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin. Eine eigene betriebliche Unfallversicherung führe er nicht. Sein Honorar erhalte er pro Auftrag nach Rechnungsstellung. Gratifikationen oder sonstige Zuwendungen stünden ihm nicht zu. Vermögenswirksame Leistungen erhalte er nicht. Lohnsteuer werde nicht abgeführt. Er werde zur Einkommensteuer veranlagt und müsse Umsatzsteuer entrichten. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub erhalte er nicht; im Krankheitsfall (worüber er die Klägerin nicht informieren müsse) stelle er einen Ersatzmann. Er sei bereits rentenversichert und zuletzt bei der D. pflichtversichert gewesen.
Der Beigeladene zu 1) hatte unter seiner Privatanschrift ein Gewerbe (Unternehmensberatung für Marketing und Betriebswirtschaft) angemeldet; der Betrieb wurde allerdings nicht begonnen (Auskunft der Stadt L. vom 26.05.2011; Gewerbeabmeldung vom 08.10.1998).
Zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) wurden (u.a.) von diesem an die Klägerin gerichtete, monatsweise (ab Januar 2007) ausgestellte Rechnungen (überschrieben: “St. F. Consulting„) für erbrachte Dienstleistungen vorgelegt. Die Rechnungen weisen Pauschalbeträge zzgl. Mehrwertsteuer für erbrachte ...