Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Umgangsbetreuer im Rahmen der Jugendhilfe. Honorarkraft. Vertrag über freie Mitarbeit. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Selbständigkeit der Tätigkeit eines Umgangsbetreuers.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht noch, ob die Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch: “die Beigeladene„) in ihrer Tätigkeit für den Kläger in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. Juli 2009 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Der Kläger ist als Verein ein freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe in B. Er führt im Auftrag der Bezirksämter u. a. begleitenden Umgang nach § 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) durch.
Die Beigeladene ist Erziehungswissenschaftlerin. Sie war für den Kläger seit Mai bzw. Juni 2008 als Honorarkraft tätig und führte einen solchen begleitenden Umfang durch. Beide Seiten schlossen insoweit am 20. Juni 2008 einen “Vertrag über eine freie Mitarbeit„, wonach der Kläger als Auftraggeber der Beigeladenen ab 15. Mai 2008 einen Auftrag für folgende Tätigkeit erteile: Beraterin in dem Projekt begleiteter Umfang in der Erziehungs- und Familienberatung P Straße. Die Arbeitsleistung habe einen Umfang von 10 Stunden wöchentlich. Der Auftrag sei unbefristet. Das Honorar betrage 22 € pro 60 Minuten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die Kopie im Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen (dort Blatt 10 f.).
Der Kläger und sie beantragten auf einem entsprechenden Formular am 24. Juni 2008 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Beigefügt war eine Tätigkeitsbeschreibung des Klägers, wonach es hier um Fälle gehe, die von der Jugendhilfe an die C als freie Trägerin in Auftrag gegeben würden. Das Projekt werde von hauptamtlichen und freien Mitarbeitern betreut. Die festangestellten Mitarbeiter übernähmen die Koordination. Die Honorarkräfte übernähmen vom Jugendamt im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens einen oder mehrere selbständige Fälle. Es bestehe ein Honorarvertrag, in dem ein Maximum an zu vergütenden Zeitstunden festgelegt werde. Die Honorarkräfte arbeiteten selbständig und in Eigenregie. Sie verpflichteten sich zur Dokumentation ihrer Arbeitsergebnisse und - zur Aufrechterhaltung der Qualität - zu Fallbesprechungen und Supervisionen. Der Kläger stelle Räume zur Umgangsbetreuung und für Elterngespräche zur Verfügung. Die Honorarkräfte stellten ihm durch eine Rechnung ihre geleistete Arbeit in Rechnung.
Die Honorarkraft verhandele mit dem Jugendamt selbständig die Modalitäten der fachlichen Begleitung. Sie müsse selbständig für ihre Fort- und Weiterbildung sorgen. Aufwandsentschädigungen seien durch das Honorar abgegolten. Die erbrachte Leistung werde am Endergebnis gemessen. Es werden keine Weisungen erteilt. Eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers sei nicht gegeben. Zeit und Ort der Durchführung bestimme die Honorarkraft eigenständig. Eine Einbindung in die Teamstruktur der Einrichtung bestehe nicht.
Die Beigeladene selbst schrieb mit Schreiben vom 13. September 2008 und 9. November 2008, sie arbeite in der Regel mit Kindern. Es komme auch zu Gesprächen mit den Eltern. Sie sei noch für andere Institutionen frei beruflich tätig. Sie biete bundesweit ihre fachliche Kompetenz als Dozentin in der Erwachsenenbildung an und sei Beraterin für Menschen in schwierigen Lebenslagen für unterschiedliche Träger. Beim Kläger gehe es um spezifische Fälle, die sie in freier Entscheidung über die Menge und Anzahl der Fälle, über die Vorgehensweise, über Ort und Zeit der Durchführung gestalte. Auch sei das Jugendamt ihr gegenüber in ihrer fachlichen und inhaltlichen Vorgehensweise nicht befugt, ihr Vorgaben zu machen. Sie biete dem Kläger ein fertiges Produkt an. Ihre Tätigkeit sei mit der eines freiberuflichen Coaches oder Supervisors zu vergleichen.
Die Beklagte stellte nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 20. November 2008 fest, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und dass die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit der Aufnahme der Beschäftigung beginne.
Die Beigeladene und der Kläger erhoben hiergegen Widerspruch. Zu dessen Begründung verwies der Kläger u. a. auf eine von der Beigeladenen eingereichte Auflistung ihrer Auftraggeber. Er führte ergänzend aus, der begleitete Umgang sei eine rechtlich kodifizierte und in der Regel zeitlich befristete Anspruchsleistung der Jugendhilfe. Sie ziele auf Anbahnung, Wiederherstellung, Praktizierung, Unterstützung und Förderung der Beziehung eines Kindes zu jenem Elternteil, mit dem es nicht zusammenlebe. Der Leistun...