Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsbescheid. Rücknahme. Sonderversorgung des MfS/AfNS. freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates. Spezialitätsprinzip

 

Leitsatz (redaktionell)

Auf Grund der durch das AAÜG vorgegebenen, dem Prinzip der Spezialität folgenden Typik schließt das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für § 7 Abs. 1 AAÜG die Anwendung anderer, für den Kläger günstigerer Tatbestände aus. Nach dem AAÜG kann damit während einer Tätigkeit eine Pflichtbeitragszeit i.S.v. § 5 AAÜG nur entweder unter Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze oder unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach § 6 Abs. 2 oder § 7 AAÜG zurückgelegt sein.

 

Orientierungssatz

Für Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des MfS ist neben dem (begrenzt zu berücksichtigenden) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit bezogenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

AAÜG § 7 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Berechtigung der Beklagten, einen Bescheid aufzuheben, mit dem sie Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) festgestellt hatte.

Der Kläger ist 1944 geboren worden und hat sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften war er ab 15. April 1971 bis zum 2. Oktober 1990 - unterbrochen durch einen mit Stipendium geförderten Lehrgang an der Bezirksparteischule F vom 1. September 1984 bis zum 30. Juni 1985 - beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR beschäftigt. Die im Sozialversicherungsausweis eingetragene Bezeichnung der ausgeübten Tätigkeit lautete bis 31. Dezember 1989 “politischer Mitarbeiter„, danach “diplomatischer Mitarbeiter„. Seit Juli 2009 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger ist mit Wirkung ab dem 15. April 1971 der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates beigetreten und hat zu diesem Versorgungssystem bis zum 30. Juni 1990 Beiträge entrichtet. In der Zeit vom 1. Juli 1975 bis zum 31. Januar 1990 wurde er beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) als hauptamtlicher Mitarbeiter im Offiziersrang geführt.

Durch Bescheid vom 5. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2001 hat das Bundesverwaltungsamt - Außenstelle Berlin-Lichtenberg - die Zeiten vom 15. April 1971 bis zum 31. Januar 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung des ehemaligen MfS/Amtes für Nationale Sicherheit (Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 zum AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festgestellt. Im daran anschließenden Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass er nicht vom MfS eingestellt worden sei. Die Zusammenarbeit mit dem MfS als “Offizier im besonderen Einsatz„ (OibE) habe sich ausschließlich daraus ergeben, dass er 1975 bei seiner Tätigkeit in Neu Delhi von dem amerikanischen Geheimdienst CIA angeworben worden sei. Er habe vom MfS in unregelmäßigen Abständen Geldbeträge als Aufwandserstattung und Anerkennung erhalten, jedoch kein Gehalt. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland hat dem entgegengehalten, dass die Zugehörigkeit der Sonderversorgung des MfS durch Gehaltskontokarten nachgewiesen sei; in der Spalte “VK-Beiträge„ sei vermerkt, dass 10 % der Bruttobesoldung an die Versorgungskasse abgeführt worden seien. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts [SG] Potsdam vom 24. November 2004 - S 12 RA 942/01, bestätigt durch Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Berlin-Brandenburg vom 11. April 2006 - L 22 R 30/05; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundessozialgericht [BSG] durch Beschluss vom 16. Mai 2007 - B 4 RS 76/06 B - als unzulässig verworfen).

Der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Rentenversicherung hatte das Bundesverwaltungsamt mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 mitgeteilt, dass während der gesamten Dienstzeit des Klägers für das MfS eine Zugehörigkeit zur Sonderversorgung bestand.

Gegenüber der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Zusatzversorgung beantragte der Kläger im April 2002 die Überführung von Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen. In dem Antragsformular gab der Kläger an, dem Zusatzversorgungssystem für die hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates angehört zu haben. Er verneinte die Fragen 3.6 (“Haben Sie einem Sonderversorgungssystem angehört„) und 3.7 (“Waren Sie ha...

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