Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. subjektive Klagehäufung. kombinierte Kostenentscheidung. Sozialversicherungspflicht. Gesellschafter-Geschäftsführer. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Kombinierte Kostenentscheidung bei Klagen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
Orientierungssatz
Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers.
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zu 2) bei der Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt ist.
Gegenstand der Klägerin zu 1) ist die Unternehmensberatung. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin zu 1) war bis zum 23. August 2011 K S, der geschiedene Ehemann der Klägerin zu 2). Mit notariellem Vertrag vom 23. August 2011 übertrug K S von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 25.000,- einen Anteil in Höhe von € 12.375,- an die Klägerin zu 2) und einen Anteil von 250,- € an A W. Nach §§ 10, 16 des ebenfalls am 23. August 2011 neu abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags sollte bei Streitigkeiten zwischen den beiden Hauptgesellschaftern A W als Mediator entscheiden. Durch Gesellschafterbeschluss vom 23. August 2011 wurde die Klägerin zu 2) zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) neben K S bestellt und mit ihr am selben Tag ein entsprechender Dienstvertrag geschlossen.
Am 31. Oktober 2011 beantragte die Klägerin zu 2) bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie legte ihren Dienstvertrag als Geschäftsführerin, den Gesellschaftsvertrag sowie später noch den Gesellschafterbeschluss über ihre Bestellung zur Geschäftsführerin vor. Der Antrag wurde am 28. November 2011 von beiden Klägerinnen mit dem Ziel wiederholt, dass eine Beschäftigung nicht festgestellt werde.
Nach Anhörung der Klägerinnen stellte die Beklagte durch jeweils an die Klägerinnen zu 1) und 2) gerichtete inhaltlich identische Bescheide vom 31. Januar 2012 fest, dass die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) seit dem 1. September 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die am 1. September 2011 begonnen habe. Die Klägerin zu 2) sei eine sogenannte Gesellschafter-Geschäftsführerin. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Mit ihrem Stimmrechtsanteil sei es ihr nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Sie habe auch keine Sperrminorität. Die Zahlung fester Bezüge spreche gegen das Vorhandensein eines Unternehmerrisikos, wie es für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnend sei. Die zusätzlich gewährte Gewinnbeteiligung sei Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungs-bestandteils. Trotz Freiheit der Gestaltung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Tätigkeit handele es sich um eine fremdbestimmte Tätigkeit, da die Gesellschafterversammlung die Ordnung des Betriebs vorgebe. Es komme nicht darauf an, ob die Gesellschafterversammlung von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig Gebrauch mache. Trotz familienhaften Bindungen zu dem Gesellschafter-Geschäftsführer K S sei die Tätigkeit nicht von familienhafter Rücksichtnahme und einem gleichberechtigten Nebeneinander geprägt.
Dagegen legten die Klägerinnen Widersprüche ein. Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) würden ihre Entscheidungen selbständig, unabhängig voneinander und allein verantwortlich treffen. Die persönlichen Kompetenzen der Geschäftsführer seien sehr unterschiedlich. K S verantworte die Bereiche Akquisition und Akquisitionsberatung, wozu ihn sein betriebswirtschaftliches Studium und seine in anderen Gesellschaften gesammelte Erfahrung befähigten. Die Klägerin zu 2) verantworte dagegen die Bereiche Geschäftsstrategie, Projektleitung, Training & Coaching sowie Accounting, wozu sie ihre kaufmännische Ausbildung, ihre jahrelangen Erfahrungen in anderen Branchen und Unternehmen, ihr pädagogisches Studium sowie ihre psychologischen und kommunikationsorientierten Zusatzausbildungen und Praxiserfahrungen qualifizierten. Die Klägerin zu 2) unterliege bei den alltäglichen Rechtsgeschäften keinen Weisungen. Untereinander würden sich die Geschäftsführer keine Weisungen erteilen. Die Klägerin zu 2) sei mit dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer K S verheiratet gewesen. Jeder Gesellschafter könne ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern. Durch Widerspruchsbescheide vom 19. September 2012 wies die Beklagte die Widersprüche gegenüber beiden Klägerinnen zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte die Beklagte ihre Ausführungen aus den Ausgangsbescheiden. Sie verkenne auch nicht, dass die Klägerin zu 2) in der Gesellschaft eine wichtige Po...