Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Vergütung von Investitionskosten durch die Schiedsstelle. Einschätzungsprärogative. Eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Kündigung einer bestehenden Vergütungsvereinbarung. Wesentliche und bei Vertragsschluss unvorhersehbare Änderung der Verhältnisse. Anspruch auf Neuverhandlung. Fehlkalkulation. Isolierte Anfechtungsklage
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Berlin-Potsdam vom 5.12.2013 - L 23 SO 38/10 KL, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB XII § 75 Abs. 3-4, 5 S. 3, § 77 Abs. 1, 3, §§ 78, 80; SGB X §§ 59, 31; SGG § 54 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 169.964,64 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung des Schiedsspruches der Schiedsstelle nach § 80 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - des Landes Baden-Württemberg - BW - über die Festsetzung des Investitionskostensatzes für den Betrieb eines Pflegeheimes ab 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010.
Die Klägerin ist eine seit dem 9. Juni 2005 im Handelsregister Berlin eingetragene Gesellschaft, die die Einrichtung zur vollstationären Pflege ““K... D... A... H... H...„“ in ... A... betreibt. Die Pflegeeinrichtung ist nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - zugelassenen und nicht nach Landesrecht gefördert worden. Die Klägerin betreibt diese Einrichtung seit 2004, zunächst unter dem Namen h... c... GmbH, in einem aufgrund Pachtvertrag vom 28. März 2003 gepachteten Objekt für 131 vollstationäre Dauerpflegeplätze und sechs Plätze für Kurzzeitpflege.
Unter Einreichung des Pachtvertrages, eines Leistungs- und Entgeltkatalogs und einer Aufstellung der gepachteten Flächen und vorgesehenen Nutzung beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 2004 die Genehmigung der gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - in Höhe von 16,17 € pflegetäglich gegenüber den Bewohnern. Das Schreiben war auch mit “Vereinbarung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 93 Abs. 3 und 7 BSHG ... .„ überschrieben. Mit Schreiben vom 18. März 2004 zeigte die Klägerin beim Landeswohlfahrtsverband W... H... die gesonderte Berechnung betriebsnotwendiger Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 SGB XI an und fügte der Anzeige eine Berechnung der Investitionskosten/Seniorenzentrum A... für den Zeitraum vom 01. Mai 2004 bis 31. April 2005 bei, mit der die Investitionskosten je Platz mit durchschnittlich 16,83 € veranschlagt wurden. Mit dem Schreiben wurde ausgeführt, dass die Investivaufwendungen einen Zeitraum von fünf Jahren, bis zum 1. Mai 2009, “beinhalten sollen„.
Am 29. März 2004 schlossen die Klägerin und der Landeswohlfahrtsverband W... H... als Leistungsträger eine Vereinbarung gemäß § 93 Abs. 2, Abs. 7 Bundessozialhilfegesetz - BSHG. Danach sollten für die Abrechnung der Pflegeleistungen und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung die Vergütungsregelungen nach dem SGB XI und § 93 SGB XII gelten. Daneben konnten betriebsnotwendige Investitionskosten in der Zeit ab 01.05.2005 in Höhe von 15,10 € abgerechnet werden.
Unter dem 20. Juli 2009 forderte die Klägerin den Beklagten zu Verhandlungen über Pflegesätze und die Vergütung der Investitionskosten auf und reichte eine Kalkulation zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII über Investitionskosten für die Laufzeit ab 01. September 2009 ein, mit der ein Tagesbetrag der gesondert berechenbaren Aufwendungen in Höhe von 18,16 € angegeben wurde. Daneben wurde eine Aufstellung des Anlagevermögens per 30. März 2009 eingereicht nebst einer Ablichtung eines Leasingvertrages vom 27. August 2007 für ein Kfz mit einer Vertragslaufzeit von 54 Monaten und einer monatlichen Leasingrate von 398,30 €.
Nachdem keine Einigung über eine Vergütung der Investitionskosten erzielt worden war, beantragte die Klägerin unter dem 30. September 2009 bei der Schiedsstelle die Festsetzung der Vergütung der gesondert berechenbaren Investitionskosten gem. § 75 Abs. 3 SGB XII in Höhe von 18,16 € täglich für die Zeit ab 01. Oktober 2009.
Für die Einrichtung bestehe eine Vergütungsvereinbarung über Investitionskosten für eine Laufzeit ab 01. Mai 2005, die sich gemäß § 77 Abs. 2 SGB XII in der Nachwirkung befinde. Der Beklagte sei zu Verhandlungen der Investitionskostenvergütung unter Vorlage einer neuen Kalkulation aufgefordert worden. Der Beklagte habe trotz nachgewiesener Unterfinanzierung der Investitionskosten keinen Anlass gesehen, über Details der Kalkulation zu sprechen und habe eine Überprüfung der einzelnen Kostenpositionen abgelehnt. Die geltend gemachten Investitionskosten seien betriebsnotwendig und angemessen. Sie würden für Leistungen geltend gemacht, die den Grundsätzen der § 75 Abs. 3 S. 2 SGB XII entsprächen. Der Beklagte habe dies nicht substantiiert bestritten. Vergleichskriterien, um einen externen Vergleich vornehmen zu könne...