Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Beitragspflicht für Dozentenhonorare. selbständige Tätigkeit. abhängige Beschäftigung. einheitliches Beschäftigungsverhältnis. keine rechtliche Einordnung im Wege der Privatautonomie

 

Orientierungssatz

1. Dozentenhonorare an angestellte Lehrkräfte für Nebentätigkeiten gehören zum Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB 4.

2. Die selbständige Tätigkeit ist mit der abhängigen Beschäftigung zu einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis verbunden, wenn sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird, in diese zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden, im Verhältnis zur Beschäftigung nebensächlich ist und daher insgesamt als ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Eine gemischte Tätigkeit liegt im Gegensatz dazu vor, wenn die selbständige Tätigkeit im Wesentlichen neben der Beschäftigung und unabhängig von ihr ausgeübt wird. Für die Abgrenzung kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse an und die Bedeutung der zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse tritt demgegenüber zurück. Ob ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis oder eine gemischte Tätigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl BSG vom 3.2.1994 - 12 RK 18/93 = SozR 3-2400 § 14 Nr 8).

3. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragspartner und deren Vereinbarungen zu entscheiden (vgl BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 = BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nachforderung von Beiträgen auf Honorare, die vom Kläger an angestellte Lehrkräfte für Nebentätigkeiten gezahlt wurden.

Der Kläger beauftragte in den Jahren von 1999 bis 2002 bei ihm angestellte Lehrer, die Beigeladenen zu 1) bis 18), auf der Grundlage von Honorarverträgen mit der Durchführung von Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung gegen Stundenhonorar. Nach dem Vertragsformular waren die vertragsschließenden Parteien darüber einig, dass mit der Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werden sollte. Die Fortbildungsveranstaltungen wandten sich jeweils an andere Lehrkräfte des Klägers, die von den Beigeladenen als Kollegen gegen besonderes Honorar geschult wurden.

In der Zeit vom 7. Oktober 2003 bis 17. November 2003 hielt die Beklagte bei dem Kläger an mehreren Tagen eine Betriebsprüfung ab. Durch Bescheid vom 16. Dezember 2003 forderte sie für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2002 - nach Anhörung des Klägers im Rahmen einer Schlussbesprechung - Beiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 6.466,60 Euro nach. Zur Begründung führte sie aus, dass in den Fällen des Abschlusses von Honorarverträgen mit angestellten Lehrern das neben der Hauptbeschäftigung erzielte Entgelt nachträglich zur Beitragsbemessung herangezogen werde. Es handele sich um einheitliche Beschäftigungs- bzw. Dienstverhältnisse, die der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterlägen. Daneben beanstandete die Beklagte noch die Nichtabführung von Beiträgen (Arbeitgeberanteil) zur Arbeitslosenversicherung für einen über 65jährigen Arbeitnehmer sowie die Nichtverbeitragung einer Einmalzahlung mit Nachforderungen in Höhe von 474,53 Euro und 6,67 Euro, Der Bescheid enthielt in der Anlage eine Zusammenstellung und Berechnung der nachgeforderten Beiträge.

Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte die Aufhebung des Bescheides, soweit Nachforderungen für die Honorarzahlungen berechnet worden waren. Die Honorartätigkeiten hätten nicht im Zusammenhang mit der Haupttätigkeit gestanden, es habe sich um nicht der Beitragspflicht unterliegende selbständige Tätigkeiten gehandelt.

Nach Rücksprache mit der Personalleiterin des Schulamtes zu den tatsächlichen Umständen der Honorartätigkeiten wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2005 zurück. Grundsätzlich sei für die versicherungsrechtliche Prüfung maßgebend, ob eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werde oder ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Das sei auch für Neben- oder Aushilfstätigkeiten nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu entscheiden. Arbeitgeber der Honorartätigkeiten sei der Kläger gewesen, demgegenüber auch die arbeitsvertragliche Verpflichtung der Honorarkräfte aus ihrer Haupttätigkeit bestanden habe. Die Eingliederung der Honorarkräfte in den Betrieb des Klägers zeige sich etwa an der verpflichtenden Teilnahme an Multiplikatorenschulungen, auch hätten die Fortbildungsmaßnahmen in Betriebsstätten des Klägers stattgefunden. Der Inhalt der jeweiligen Fortbildungsveranstaltung sei...

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