Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherungspflicht. Ablehnungsbescheid der Einzugsstelle. Verwirkung des Klagerechts eines Rentenversicherungsträgers. Beschäftigung im Unternehmen des Ehegatten. Sicherheitengeber. Bürgschaftsverpflichtung. Arbeitnehmer. Mitunternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Verwirkung des Klagerechts eines Rentenversicherungsträgers auf Aufhebung eines die Versicherungspflicht verneinenden Bescheides der Einzugsstelle.

 

Orientierungssatz

Zur Rentenversicherungspflicht einer im Unternehmen ihres Ehegatten als Verkäuferin Tätigen, die durch Übernahmen von erheblichen Bürgschaftsverpflichtungen und Mitstellung von Grundschuldsicherungen im Unternehmen als Sicherheitengeberin aufgetreten ist.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht, ob die Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch “die Beigeladene„) als Verkäuferin bei ihrem Ehemann, dem Beigeladenen zu 2), Inhaber der Firma Fahrrad E (nachfolgend nur noch “der Beigeladene„), vom 1. Mai 1998 bis 30. September 2000 und vom 17. April 2001 bis 31. Oktober 2004 abhängig beschäftigt gewesen ist.

Der Beigeladene zu 2) gründete sein Unternehmen am 2. Juli 1990. Seine Frau war zunächst vom 1. Januar 1991 bis 30. November 1997 dort tätig. Anschließend meldete sie sich arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Ab 1. Mai 1998 bis 30. September 2000 war sie dann wiederum beschäftigt. Vom 1. Oktober 2000 bis 16. April 2004 bezog sie abermals Arbeitslosengeld. Anschließend nahm sie die Tätigkeit bis 31. Oktober 2004 wieder auf. Am 1. November 2004 meldete sie sich erneut arbeitslos.

Weil die zuständige Agentur für Arbeit einen Antrag auf Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 21. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 mit der Begründung zurückgewiesen hatte, die Beigeladene sei keine abhängig Beschäftigte, sondern Mitunternehmerin, beantragte die Beigeladene durch ihre Versicherungsvertreterin bei der Beklagten die Rückerstattung u. a. der Beiträge zur Rentenversicherung. Ihr jetziger Prozessbevollmächtigter wiederholte diesen Antrag mit Schreiben vom 11. April 2005. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen - von beiden Beigeladenen am 2. Juni 2005 ausgefüllt und unterschrieben - gaben sie u. a. an, die Beigeladene übe die Tätigkeit in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung aus und sei in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert. Ohne ihre Mitarbeit müsse eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Sie sei an die tatsächlich ausgeübten Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführungen der Arbeit gebunden, könne über ihre Tätigkeit nicht frei bestimmen und diese nicht frei gestalten, habe keine besonderen Fachkenntnisse, die Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Es bestehe ein Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt mindestens 6 Wochen fortgezahlt. Sie erhalte den tarifüblichen bzw. den ortsüblichen Lohn, das Arbeitsentgelt werde regelmäßig monatlich auf ihr privates Bankkonto überwiesen. Schließlich werde für sie Lohnsteuer entrichtet, das Arbeitsentgelt werde als Betriebsausgabe gebucht. Die Beigeladene habe keine weiteren Arbeitsverhältnisse und übe auch keine selbstständige freiberufliche Tätigkeit aus. Sie sei nicht am Betrieb beteiligt, habe aber für den Ehemann Bürgschaften i. H. v. 204.516,75 € übernommen und ferner die Betriebsstätte an diesen vermietet. Sie erhalte dafür eine Monatsmiete von 1.467,92 €. Beigefügt war eine Kopie des Arbeitsvertrages vom 21. Dezember 2001.

Mit Schreiben vom 11. April 2005 (Eingang 14. April 2005) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Meldungen zur Sozialversicherung ab 17. April 2001 storniert worden seien. Diese wiederum schrieb der Beigeladenen unter dem Datum 27. April 2005, prüfen zu wollen, ob für diese Versicherungspflicht als Selbständige bestehe. Mit Schreiben vom 29. April 2005 wandte sie sich an die Beklagte. Ein Antrag auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge begründe noch kein Recht auf Erstattung. Die Beklagte sei vielmehr als Einzugstelle gehalten, den Sachverhalt sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen.

Die Beigeladene reichte bei der Klägerin den mit Datum vom 6. Juni 2005 unterschriebenen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige zurück. Dabei kreuzte sie u. a. die Frage, ob Arbeitnehmer beschäftigt würden, mit “ja„ an, der beigefügte Gehaltsnachweis weist jedoch ihren Ehemann als Arbeitgeber aus.

Mit Schreiben vom 26. August 2005 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass es sich bei ihrer Beschäftigung im Betrieb des Ehemannes in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 1. Dezember 1997 und vom 1...

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