Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Bevollmächtigter im Widerspruchsverfahren. Aufforderung zur Vorlage eines schriftlichen Nachweises der Vollmacht unter Fristsetzung und Rechtsfolgenbelehrung. Ermessensentscheidung. Zulässigkeit der Verwerfung des Widerspruchs nach Fristversäumnis. keine Heilung durch Nachholung
Leitsatz (amtlich)
1. Setzt eine Behörde einem Rechtsanwalt zur Vorlage einer Vollmacht für ein Widerspruchsverfahren eine angemessene Frist und kündigt die Verwerfung oder Zurückweisung des Widerspruchs im Fall der fehlenden Vorlage an, so darf sie, nachdem die Frist verstrichen ist, den Widerspruch verwerfen. Zu einer Nachfrage, Nachfristsetzung oder dergleichen mehr ist sie nicht verpflichtet.
2. Welche Frist angemessen ist, kann nicht abstrakt und generell bestimmt werden, sondern hängt von dem konkreten Einzelfall ab.
3. Die Anforderung einer Vollmacht muss nicht begründet werden.
4. Nach Erlass eines Widerspruchsbescheids wird der Mangel einer fehlenden Vollmacht durch eine nachträglich vorgelegte Vollmacht nicht geheilt.
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. September 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten einschließlich der Kosten des Beigeladenen werden auch für das Berufungsverfahren nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit Bescheid vom 23. April 2013 bewilligte der Beklagte einen Leistungsantrag der Klägerin für den Zeitraum von Mai 2013 bis Oktober 2013, mit Änderungsbescheid vom 2. August 2013 wurde die bewilligte Leistung geändert.
Ende Juni 2013 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für die Klägerin, Fahrtkosten für Arztbesuche und für die Teilnahme am Reha-Sport als Sonderbedarf nach § 21 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Band II (SGB II) zu erstatten.
Mit Bescheid vom 2. August 2013 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Er, der Beklagte, habe die Angaben der Klägerin hinsichtlich der Anzahl der gefahrenen Kilometer nicht weiter geprüft. Denn bei einem Kilometersatz vom 0,10 Euro je Kilometer und der von der Klägerin angegebenen Strecke ergebe sich ein Bedarf von mtl. 39,00 Euro, dies sei bereits mittels der Regelbedarfe für Gesundheitspflege und verkehrsbedingte Aufwendungen abgedeckt. Zudem sei es zumutbar, einen etwas höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen. Der Ablehnungsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekanntgegeben.
Am 6. September 2013 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für die Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid, der am 6. August 2013 zugegangen sei, ein. Mit Eingangsmitteilung vom 10. September 2013 bestätigte der Beklagte den Eingang des Widerspruches und forderte den Prozessbevollmächtigten auf, bis zum 8. Oktober 2013 einen schriftlichen Nachweis seiner Bevollmächtigung zu übersenden. Sollte der schriftliche Nachweis bis zu dem genannten Termin nicht vorliegen, könne der Widerspruch als unzulässig verworfen werden.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Vollmacht nicht vorgelegt hatte, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 zurück. Er sei unzulässig. Eine ausreichende schriftliche Bevollmächtigung sei nicht nachgewiesen worden.
Unter dem Formular vom 21. November 2013 hat die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten ausdrücklich bevollmächtigt. In der Vollmacht wird als Betreff angeführt: „Bescheid vom 2.8.2013, Widerspruchsbescheid vom 19.11.2013“.
Am 19. Dezember 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Da bereits der Antrag von ihrem Prozessbevollmächtigten gestellt worden sei, habe der Widerspruch nicht als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen. Darüber hinaus sei dieser bereits in einer Vielzahl von Verfahren als ihr Bevollmächtigter aufgetreten.
In der Sache seien in den sechs Monaten des Leistungszeitraumes, d. h. von Mai 2013 bis Oktober 2013, Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 810,00 Euro angefallen. Dabei seien auch die Mehrbelastungen ihres Ehemannes, des Beigeladenen, einzubeziehen, der selbst nicht im Leistungsbezug stehe. Dessen Rente werde bei der Ermittlung des Gesamtbedarfes berücksichtigt. Von Mai bis Oktober 2013 hätten sie und ihr Ehemann, der Beigeladene, zweimal im Monat zum Arzt nach B fahren müssen. Diese Fahrten habe man auch nicht gemeinsam vornehmen können. Abgesehen davon habe der Beigeladene zweimal je Woche in B am Reha-Sport teilgenommen sowie einmal die Woche an einer ärztlich verordneten Wassergymnastik in G. Insgesamt ergebe sich ein Betrag von monatlich 135,00 Euro, da der Kilometer mit 0,30 Euro zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin hat bei dem Sozialgericht beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 den Beklagten zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013 krankheitsbedingten Mehrbedarf von insgesamt 810,00 Euro zu bewilligen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28. September 2017 die Klage ...