Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Krankenhausbehandlung. kein sozialhilferechtlicher Eilfall. keine Aufwendungserstattung -allgemeines Risiko einer nicht durchsetzbaren Forderung. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Untersuchungsgrundsatz. Beweislast. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Im Rahmen des § 121 BSHG kann eine juristische Person des Privatrechts Anspruchsberechtigter sein.
2. Das Vorliegen eines (medizinischen) Eilfalles reicht nicht für einen Aufwendungsersatzanspruch gem § 121 BSHG aus. Weitere Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis des Hilfefalles für die Zeit der Nothilfe Sozialhilfe hätte gewähren müssen, dh zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.
3. Ob die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung nach dem BSHG vorlagen, ist vom Sozialhilfeträger von Amts wegen zu erforschen. Dabei hat er alle im Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen. Ist auf diesem Wege nicht zu klären, ob Sozialhilfebedürftigkeit vorlag, so trägt der Nothelfer die materielle Beweislast dafür, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach dem § 121 BSHG vorlagen und mithin Hilfebedürftigkeit bestand. Dies gilt selbst dann, wenn der Sozialhilfeträger den Sachverhalt nicht zureichend ermittelt hat (vgl BVerwG vom 30.12.1996 - 5 B 202/95).
4. Die Regelung des § 121 BSHG verdrängt nicht die Prüfung der Kostensicherheit in einem ordnungsgemäßen Krankenhausbetrieb (vgl BVerwG vom 31.5.2001 - 5 C 20/00 = BVerwGE 114, 298).
5. Auch eine wirtschaftliche Notsituation des Krankenhausträgers rechtfertigt keine Leistungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers im Rahmen des § 121 BSHG. Das allgemeine Risiko einer nicht durchsetzbaren Forderung ist nicht dem Sozialhilfeträger aufzubürden.
6. Die sich im Rahmen des § 121 BSHG auswirkende, allgemein für alle Anspruchsteller geltende Beweislastregel lässt keine Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG erkennen. Die Nothilfepflicht aus § 323c StGB trifft jedermann und wird dem Krankenhaus nicht vom Sozialhilfeträger auferlegt.
7. Um Risiken bei der Geltendmachung des Anspruchs aus § 121 BSHG zu begegnen, ist das Haftungsinstitut des enteignenden Eingriffs nicht geeignet (vgl BGH vom 10.2.2005 - III ZR 330/04 = Breith 2006, 1319).
8. Aus der Garantie der Rechtsschutzeffektivität des Art 19 Abs 4 GG folgt nicht, dass ein Rechtssuchender nicht mit dem Nachteil der Nichterweislichkeit einer Tatsache belastet werden darf (vgl OLG Köln vom 24.6.2004 - 7 U 23/04 = VersR 2004, 1058).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.817,16 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Krankenhausbetreiberin, begehrt von dem beklagten Landkreis die Übernahme von Behandlungskosten.
Die Klägerin wandte sich mit Aufnahmeanzeige/Kostenübernahmeantrag vom 25. März 2003 an den Beklagten mit der Bitte um Kostenzusage für die Behandlung des p Staatsbürgers J P, geboren am 26. Februar 1937. Dieser war am 11. Januar 2003 um 22.36 Uhr bei der Klägerin wegen eines Herzinfarktes eingeliefert worden und verstarb am 12. Januar 2003 im Krankenhaus. Mit Schreiben vom 07. April 2003 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die Mittellosigkeit des Patienten nachzuweisen. Nach mehreren Erinnerungen an die ausstehende Kostenzusage erläuterte die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 2003, dass es sich bei dem aufgenommenen Patienten um einen Notfall gehandelt habe. Der Patient habe sich nicht selbst helfen können, die bei ihr angestellten Ärzte hätten dem Patienten Hilfe gewähren müssen. Es sei nicht bekannt, dass der Patient über Geldmittel oder sonstige Vermögenswerte, die eine Inanspruchnahme des Sozialamtes entbinden würden, verfügt habe.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 lehnte der Beklagte die Übernahme der Krankenhauskosten auf der Grundlage des § 121 Bundessozialhilfegesetz - BSHG - ab. Zur Begründung führte er aus, Voraussetzung für eine Kostenerstattung sei, dass der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis Hilfe nach dem BSHG zu leisten gehabt hätte. Sozialhilfe erhalte aber nur, wer sich nicht selber helfen könne oder derjenige, der die erforderliche Hilfe nicht von einer anderen Stelle erhalte. Nachweise über die Sozialhilfebedürftigkeit des Patienten P seien nicht erbracht worden, so dass der Antrag abzulehnen gewesen sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 11. Juli 2003 Widerspruch und machte geltend, auf der Grundlage des § 121 BSHG seien zumindest die entstandenen Kosten der Notfallbehandlung auszugleichen.
Im Widerspruchsverfahren wandte sich der Beklagte an das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in K und bat um weitere Angaben zu dem Patienten P. Nach Abgabe an das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland D wurde dem Beklagten von dort mit Schreiben vom 09. Februar 2004 mitgeteilt, dass eine schriftliche Anfrage an die Adresse des Verstorbenen erfolgt sei, weil dort Angehörige vermutet würden. Die Kl...