Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialabgabe. Höhe. Hersteller. Bildträger. Tonträger. Regisseur, Synchronsprecher, Geräuschemacher, Rohübersetzer, Dialogbuchautor, Sänger als Künstler im Sinn des KSVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Entgelt i.S.v. §§ 25 ff. KSVG ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.
2. Kunst im Sinn des KVSG ist gegeben, wenn unter Ausschöpfung eines gestalterischen Freiraums eine eigenschöpferische Leistung vorliegt, für die bereits ein relativ geringes Niveau ausreichend ist.
3. Regisseure, Synchronsprecher, Geräuschemacher, Rohübersetzer, Dialogbuchautoren und Sänger, die zur synchronisierten Tonfassung eines ausländischen Films beitragen, sind Künstler.
Normenkette
KSVG § 2 S. 1, § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
SG Berlin (Urteil vom 11.08.2000; Aktenzeichen S 88 KR 161/96) |
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. August 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kostens haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Berufungsverfahren nur noch, ob die Beklagte die Klägerin für die Kalenderjahre 1990 und 1997 in zutreffender Höhe zur Künstlersozialabgabe herangezogen hat.
Die Klägerin ist eine GmbH, die sich seit dem 1. März 1979 überwiegend im Auftrag von Fernsehanstalten mit der Synchronisation von ausländischen Filmen und sonstigen tontechnischen Umarbeitungen für den deutschen Markt befasst. Sie bedient sich hierbei der Mitwirkung von abhängig Beschäftigten und selbständig Tätigen, von denen Letztere von ihr u.a. als Rohübersetzer, Dialogbuchautoren, Regisseure, Synchronsprecher, Geräuschemacher und Sänger eingesetzt werden.
Mit ihrem Bescheid vom 19. September 1995 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass sie seit dem 1. Januar 1983 nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (KSVG) als Herstellerin von bespielten Bild- und Tonträgern zum Kreis der dem Grunde nach abgabepflichtigen Unternehmen gehöre (sog. Erfassungsbescheid). Zugleich forderte die Beklagte die Klägerin auf anzugeben, in welcher Höhe sie pro Kalenderjahr seit 1990 Entgelte für künstlerische und/oder publizistische Werke oder Leistungen an selbständige Künstler und/oder Publizisten in den Bereichen Wort, darstellende Kunst, bildende Kunst und Musik gezahlt habe, damit die Künstlersozialabgabe der Höhe nach festgestellt werden könne. Nachdem die Klägerin gegen den Erfassungsbescheid Widerspruch eingelegt und u.a. für das Jahr 1990 eine sog. Null-Meldung abgegeben hatte, weil sie künstlerische und/oder publizistische Werke oder Leistungen selbständiger Künstler und/oder Publizisten nicht in Anspruch genommen habe, zog die Beklagte sie mit ihrem Bescheid vom 21. Dezember 1995 aufgrund einer Schätzung für das Jahr 1990 zur Künstlersozialabgabe für die Bereiche Wort, Musik und darstellende Kunst in Höhe von 15.900,- DM heran (sog. Abgabebescheid). Den von der Klägerin hiergegen eingelegten Widerspruch sowie den Widerspruch gegen den Erfassungsbescheid vom 19.September 1995 wies sie sodann mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1996 als unbegründet zurück und führte aus: Die Klägerin sei ein Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KSVG. Denn sie firmiere nicht nur als Filmgesellschaft, sondern stelle auch bespielte Bild- und Tonträger her. Sie müsse deshalb auf die Entgelte, die sie an die von ihr eingesetzten selbständigen Künstler und/oder Publizisten – nämlich Dialogbuchautoren und Geräuschemacher – gezahlt habe, eine Künstlersozialabgabe entrichten. Da die Klägerin eine nicht plausible Null-Meldung abgegeben habe, habe die Höhe der maßgeblichen Entgelte geschätzt werden dürfen.
Gegen den Erfassungsbescheid vom 19. September 1995 und den Abgabebescheid vom 21. Dezember 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 1996 hat die Klägerin am 15. März 1996 Klage erhoben (S 88 KR 161/96). Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Sie sei kein Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KSVG. Denn abgesehen davon, dass die Urheberrechte der von ihr bearbeiteten Filme bei den Filmherstellern verblieben, befasse sie sich lediglich mit der tontechnischen Umarbeitung von Filmen. Ferner seien die von ihr eingesetzten selbständig Tätigen, die zum Teil selbst juristische Personen seien, keine Künstler oder Publizisten. Insbesondere die Dialogbuchautoren und Geräuschemacher seien nicht eigenschöpferisch tätig, sondern verrichteten lediglich ein exaktes Handwerk. Im Übrigen seien die von der Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlagen des KSVG verfassungswidrig.
Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte gegenüber der Klägerin weitere Bescheide erlassen, gegen die die Klägerin trotz des in den Bescheiden jeweils enthalte...