Leitsatz (amtlich)

Wer in einer Familien-GmbH, in der er Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer ist, in weit überwiegendem Umfang als Kraftfahrer arbeitet, erwirbt nicht dadurch Berufsschutz als Facharbeiter oder Fachangestellter, dass er zu einem geringeren Anteil auch mit Geschäftsführertätigkeiten (Disposition, Leitung des Werkstattbereichs, Leitung des An. und Verkaufs von Baustoffen, Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, Abwicklung von Bankkontakten, Kredit – und Finanzierungsgeschäften, Gewährung von Urlaub für die Mitarbeiter) betraut ist, wenn er keine Berufsausbildung von mindestens 2 Jahren mit Erfolg absolviert hat.

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Gerichtsbescheid vom 06.06.2002)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 06.06.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch über die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am 1946. geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 04.04.1961 bis 31.03.1964 eine kaufmännische Lehre; die Abschlussprüfung bestand er nicht. Von April 1964 bis September 1966 war er als Kraftfahrer im elterlichen Betrieb beschäftigt; von Oktober 1966 bis März 1968 leistete er seinen Wehrdienst ab. Danach arbeitete er von Mai 1968 bis März 1970 als kaufmännischer Angestellter. Im April 1970 übernahm er den elterlichen Betrieb und führte diesen zunächst unter der Firmierung „R.Bl., T.B.” als Einzelfirma fort. Im Mai 1983 wurde dieses Unternehmen von der neu gegründeten Firma B. übernommen; ab diesem Zeitpunkt war der Kläger bei der Firma B. als Geschäftsführer und Kraftfahrer beschäftigt; vom Stammkapital der Firma hielt er einen Anteil von 26 % und seine Ehefrau einen Anteil von 74 %.

Am 14.01.2000 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 10.05.2000 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen könne der Kläger mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausüben. Damit könne wenigstens die Hälfte dessen verdient werden, was gesunde Versicherte mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten üblicherweise verdienten.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte nach Durchführung einer ärztlichen Untersuchung bei Dr. M. Abicht mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2000 als unbegründet zurückwies.

In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde u. a. ausgeführt, dass der Kläger bei Berücksichtigung aller Befunde noch für fähig gehalten worden sei, leichte Arbeiten vollschichtig und mittelschwere Arbeiten unter halbschichtig zu verrichten. Der Kläger habe keinen Beruf erlernt. Während seines versicherten Erwerbslebens habe er ausschließlich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet. Er müsse sich daher auf alle ungelernten Tätigkeiten, auch auf solche einfachster Art, verweisen lassen. Solche Tätigkeiten könnten nach den ärztlichen Feststellungen noch vollschichtig verrichtet werden.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 12.01.2001 Klage erhoben.

Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat ein nervenfachärztliches Gutachten von Frau H. (erstattet am 09.10.2001), ein orthopädisches Gutachten von Dr. M. (erstattet am 08.11.2001), ein internistisches Gutachten von DrF. (erstattet am 27.12.2001) sowie eine berufskundliche Stellungnahme von dem Diplom-Verwaltungswirt H. (erstattet am 13.02.2002) eingeholt.

Die Sachverständige He. folgende Diagnose auf nervenärztlichem Gebiet gestellt:

Zustand nach linkshirnigem Insult mit diskreter rechtsseitiger Hemiparese und leicht bis mäßig ausgeprägtem hirnorganischem Psychosyndrom mit Konzentrationsstörungen und mnestischen Störungen.

Sie hat zusammenfassend ausgeführt, dass der angenommene Zustand seit Januar 2000 bestehe; damals sei der Schlaganfall aufgetreten. Mit einer wesentlichen Besserung sei im Verlauf nicht zu rechnen. Bei den festgestellten Gesundheitsstörungen könne der Kläger als Kraftfahrer bzw. Speditionsdisponent nicht mehr regelmäßig tätig sein. Bezüglich der Tätigkeit eines Pförtners im Postsortier- und -verteildienst sei zu beachten, dass erhöhte Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit nicht gestellt werden dürften. Tätigkeiten, die besondere Verantwortung, Zuverlässigkeit und Genauigkeit erforderten, könnten ebenfalls nicht mehr dauerhaft verrichtet werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten noch leichte Tätigkeiten ohne Vorbildung vollschichtig verrichtet werden.

Der Sachverständige Dr. M. hat auf orthopädischem Gebiet folgende Diagnosen gestellt:

  1. degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Cervikal- und Lumbalsyndrom
  2. initiale Coxarthrose; Zustand nach transienter Osteoporose rechte Hüfte
  3. Zustand nach beidseitiger Fer...

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