Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung für einen Kinderanimateur
Orientierungssatz
1. Nach § 1 KSVG sind selbständige Künstler versicherungspflichtig, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Künstler ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffend ausübt oder lehrt.
2. Nach dem Regelungszweck des KSVG unterfallen Tätigkeiten aus dem Bereich der Unterhaltungskunst grundsätzlich der Künstlersozialversicherung. Dabei muss aber eine freie schöpferische Gestaltung der Darbietung zumindest in Ansätzen erkennbar sein. Die künstlerischen Elemente müssen das Gesamtbild der Beschäftigung prägen. Kennzeichnen bei einem Kinderanimateur die Elemente der Kinderunterhaltung das Bild der Berufsausübung, so bildet der künstlerische Anteil nicht den Schwerpunkt der Berufsausübung (BSG Urteil vom 23. 3. 2006, B 3 KR 9/05 R). Infolgedessen besteht keine Versicherungspflicht nach dem KSVG.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18.11.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung nach Maßgabe der Vorschriften des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) unterliegt.
Die 1978 geborene Klägerin betreibt seit März 2014 in H. die Firma "D.", mit der sie Animationsprogramme für Kinder insbesondere für Kindergeburtstage und andere Veranstaltungen anbietet.
Am 26. August 2014 beantragte sie die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG bei der Beklagten. Im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht gab sie an, als Einzelunternehmerin eine künstlerische Tätigkeit im Bereich der Musik als Unterhaltungskünstlerin (Tätigkeitsschlüssel M13) sowie im Bereich darstellende Kunst als Unterhaltungskünstlerin (Kinderanimation; D006 und D19) sowie im Bereich der bildenden Kunst als Performance-/ Aktionskünstlerin (B05) auszuüben. Im laufenden Jahr erziele sie voraussichtlich Einkünfte in Höhe von 2.000,- EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sie mit, dass von ihrer Tätigkeit ca. 90 v.H. auf die Tätigkeit als Unterhaltungskünstlerin und 10 v.H. auf die als Geschäftsführerin entfielen. Des Weiteren legte die Klägerin einen Flyer vor, in dem es u.a. heißt: "Wir bieten Ihnen tolle Prinzessinnen-, Superhelden- und Piraten-Charaktere für Kindergeburtstage und Veranstaltungen an. Wählen Sie selbst: Charakter + Animationsprogramm = Eine perfekte Mottoparty - Geburtstagspakete ab 99.- EUR". Beigefügt waren u.a. Kopien aus der Webseite der Klägerin (http://www. D ...de). Hieraus ergibt sich, dass die von der Klägerin angebotenen Party-Pakete je nach Umfang des Paketes u.a. die Begrüßung des Geburtstagskindes und der Gäste, die Übergabe eines kleinen Geburtstagsgeschenkes, Mottospiele, Autogrammkarten, Kinderschminken und eine Fotozeit, sowie das Erzählen von Märchen und das Einüben kleiner Tänze und Musikstücke mit den Kindern enthalten. Auf der Website heißt es unter anderem auch: "Bitte beachten Sie: Bei unseren Märchenfiguren handelt es sich um Entertainer. Wir bieten Ihnen keine Theateraufführungen, sondern ein spezielles Kinder-Unterhaltungs- bzw. Animationsprogramm an. Unsere Charaktere basieren auf alten Volksmärchen, wie z.B. der Gebrüder Grimm und Hans-Christian Andersen. Bei den Kostümen, die unsere Darsteller tragen, handelt es sich um speziell zu diesem Zweck angefertigte Kleidung und nicht um lizenzierte Kostüme bekannter nationaler und internationaler Unternehmen. Wir bieten Ihnen keine lizenzierten Charaktere an und akzeptieren lediglich Buchungen von Kunden, die sich dessen bewusst sind." Weiter heißt es: "Ein herzliches und liebevolles Wesen sowie Erfahrung in der Arbeit mit Kindern, dies sind unsere Grundvoraussetzungen für unsere Mitarbeiterinnen. Da beide Geschäftsführerinnen selber Mamas sind, wissen wir genau, wieviel Fingerspitzengefühl und Empathie z.B. gerade bei schüchternen Kindern nötig ist. Wir lieben das, was wir tun, und das spiegelt sich in dem durchweg positiven Feedback unserer Kunden wider."
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 und Widerspruchsbescheid vom 22. April 2015 lehnte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG mit der Begründung ab, die Tätigkeit der Klägerin könne nicht als künstlerisch im Sinne des Gesetzes angesehen werden.
Auf die hiergegen erhobene Klage hin hat das Sozialgericht mit Urteil vom 18. November 2016 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Kinderunterhaltungskünstlerin bei der Beklagten seit dem 26. August 2014 gemäß den Vorschriften der Künstlersozialversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sowie in der ...