Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungspflicht. Anrechnung von beschäftigten Behinderten auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze. Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte
Orientierungssatz
Im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich einer Werkstatt für Behinderte beschäftigte Schwerbehinderte, die nicht an einer innerbetrieblichen Maßnahme der Rehabilitation bzw der beruflichen Anpassung oder Weiterbildung teilnehmen, können nicht unter Anwendung des § 9 Abs 1 S 2 SchwbG bzw § 75 Abs 1 SGB 9 den auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze anzurechnenden beschäftigten Schwerbehinderten gleichgestellt werden (vgl BSG vom 26.3.1992 - 11 RAr 47/91 = SozR 3-3870 § 9 Nr 1).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die nach dem Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) anzurechnende Zahl von beschäftigten Schwerbehinderten.
Die Klägerin ist gemäß § 2 ihrer Satzung i.d.F. vom 16. Oktober 1992 (mit Änderungen vom 7. Juli 1993 und 30. Juni 1995) eine diakonische Einrichtung, welche kranken und behinderten Menschen Hilfeleistungen anbietet. In § 3 Abs. 1 der Satzung heißt es:
'Die evangelische Stiftung A dient mit allen ihren Einrichtungen und ihrem Vermögen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken im Sinne der steuerlichen Vorschriften. Ihre Mildtätigkeit ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.'
In § 3 Abs. 2a der Satzung heißt es:
'Zur Erfüllung ihrer Aufgaben unterhält die Stiftung Einrichtungen der Kranken- und Behindertenhilfe. Dazu gehören vornehmlich Krankenhäuser, Wohn-, Tages- und Werkstätten, Schulen und weitere Einrichtungen der Beratung, Förderung und Therapie; (...).'
In ihrer für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 gemäß § 13 SchwbG erstatteten Anzeige (entsprechendes gilt für die Folgejahre) führte die Klägerin als beschäftigte Schwerbehinderte auch mehrere Personen an, die im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich ihrer Werkstätten für Behinderte (WfB) betreut werden.
Mit Feststellungsbescheid vom 8. September 1993 lehnte die Beklagte die Berücksichtigung dieser Personen ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie habe nicht die unmittelbar innerhalb einer WfB beschäftigten Personen einbezogen, sondern nur solche, die außerhalb der WfB in anderen Unternehmensbereichen Dienstleistungen erbrächten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 1995 wies die Beklagte den Widerspruch - unter Einbeziehung des während des Widerspruchsverfahren für das Jahr 1993 ergangenen Feststellungsbescheides vom 3. März 1995 - zurück.
Im nachfolgenden Klageverfahren hat die Klägerin ausgeführt, dass die von ihr in der Anzeige angegebenen Schwerbehinderten in der landwirtschaftlichen Gärtnerei, welche Betriebsteil der WfB sei, aber auch in anderen Betriebsteilen, etwa in der Küche und im Krankenhaus, sowie als Boten eingesetzt würden. Diese Betriebsteile seien zwar nicht rechtlich, aber organisatorisch weitgehend verselbständigt. Die Mitarbeiter seien weiter über die WfB kranken- und rentenversichert und erhielten von dort eine Vergütung von zur Zeit maximal DM 799.- im Monat. Die WfB schließe bezüglich der Dienstleistungen Verträge mit den anderen Betrieben der Klägerin und erhalte dafür auch Geld.
Das Sozialgericht hat nach Vorlage der Satzung und des Organigramms der Klägerin sowie einer Aufstellung, aus der die jeweiligen Mitarbeiterzahlen und die jeweiligen Umsatzanteile der einzelnen Bereiche hervorgehen, mit Urteil vom 11. Februar 2000 die Klage - unter Einbeziehung der im Laufe des Klageverfahrens für die Jahre 1994, 1995, 1996, 1997 und 1998 ergangenen Feststellungsbescheide vom 21. Mai 1996, 20. März 1997, 4. Dezember 1997, 8. Dezember 1998 und 18. Januar 2000 - abgewiesen.
Gegen das ihr am 5. April 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Mai 2000 Berufung eingelegt.
Zur Begründung führt sie aus, das Sozialgericht habe weder die besondere Unternehmensstruktur der Klägerin noch den in den Regelungen des Schwerbehindertengesetzes vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck der Förderung Schwerbehinderter im Arbeitsleben ausreichend berücksichtigt. Bei dem in der Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts organisierten Unternehmen der Klägerin handele es sich um einen komplexen Betrieb, der eine Vielzahl von Tätigkeitsbereichen mit eigener Budgetausstattung und -verantwortung und insbesondere durchaus verschiedenen Unternehmenszwecken darstelle. Bereits durch diese komplexe Unternehmensstruktur, im Rahmen derer die Klägerin tätig werde, unterscheide sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des BSG vom 26. März 1992 zugrunde gelegen habe.
Die Auffassung des Sozialgerichts, dass dann, wenn sich ein einheitlicher Unternehmenszweck nicht feststellen lasse, darauf abzustellen sei, wo der Schwerpunkt liege, trage den vom BSG zur Auslegung und zur Bestimmung des Verhältnisses genannten Regelungen in den § 7 und 9 Sc...