Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss eines Ausländers vom Bezug von Elterngeld bei nur kraft einer Fiktionsbescheinigung fortbestehenden Aufenthaltserlaubnis

 

Orientierungssatz

1. Nach § 1 Abs. 7 Nr. 2 b BEEG ist vom Bezug von Elterngeld ausgeschlossen, wer im Besitz einer lediglich für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilten Aufenthaltserlaubnis gewesen ist, für die eine Verlängerung nicht erteilt ist. Die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis bestimmt sich nach den für ihre Erteilung geltenden Vorschriften. Wird die nach § 39 AufenthG erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, so ist der Antragsteller vom Bezug von Elterngeld ausgeschlossen.

2. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Nur derjenige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte Ausländer soll Elterngeld erhalten, der bei der Geburt seines Kindes kraft des ihm erteilten Aufenthaltstitels auch eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland hat.

3. Nach der Rechtsprechung des BSG muss einem Berechtigten der für den Leistungsbezug erforderliche Aufenthaltstitel bereits bei Beginn des Leistungszeitraums tatsächlich erteilt sein. Es genügt nicht, dass ein Sachverhalt verwirklicht ist, nach dem materiell ein Anspruch auf Erteilung eines geeigneten Aufenthaltstitels bestanden hat oder eine sog. Fitionsbescheinigung vorliegt.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld.

Die 1970 geborene Klägerin besitzt die t. Staatsangehörigkeit und lebt seit längerer Zeit in D ... Seit dem 3. Dezember 2001 war sie - mit einer möglichen, bisher nicht geklärten Unterbrechung vom 2. Dezember 2003 bis 22. August 2006 - im Besitz einer fortlaufend verlängerten Aufenthaltserlaubnis, mit der ihr eine Erwerbstätigkeit ausschließlich als Spezialitätenköchin in dem von ihrer Mutter betriebenen Lokal M. zunächst in N., später in H., gestattet war. Diese Aufenthaltserlaubnis war ihr seit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) am 1. Januar 2005 gemäß dessen § 18 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 der auf Grundlage des § 42 AufenthG erlassenen Beschäftigungsverordnung (BeschV), zuletzt gültig bis zum 23. August 2007, mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung der Beschäftigung als Spezialitätenköchin erteilt worden und erlosch nach einer ihr beigefügten Nebenbestimmung mit Beendigung der Beschäftigung. Nachdem die Klägerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte, erhielt sie eine Fiktionsbescheinigung vom 5. Oktober 2007, aufgrund derer ihr bisheriger Aufenthaltstitel gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend galt. Diese Fiktionsbescheinigung war zunächst bis zum 4. April 2008 gültig und wurde später verlängert.

Am XXX 2007 gebar die Klägerin ihr zweites Kind A., dessen biologischer Vater der 1972 geborene deutsche Staatsangehörige Sascha M1 war. Obwohl dieser seine Vaterschaft bereits am 3. Januar 2008 vor dem Standesamt des Bezirksamts H. anerkannt hatte und diese durch ein Abstammungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik H.- E. vom 18. Februar 2008 bestätigt worden war, gelang es der Klägerin und dem Kindesvater zunächst nicht, die Geburtsurkunde des Kindes ändern zu lassen, in der als Vater des Kindes, nach Entscheidungen des Standesamts und der daraufhin eingeschalteten Gerichte zu Recht, noch der frühere Ehemann der Klägerin, der t. Staatsangehörige S., eingetragen war. Erst ein Verfahren auf Anfechtung seiner Vaterschaft führte dazu, dass das Amtsgericht C. mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 24. März 2010 (Aktenzeichen 1 F 11/10 AB) feststellte, dass nicht Herr S., sondern Herr M1 der Vater des Kindes sei.

In der Zeit vom 13. November 2007 bis 19. Februar 2008 bezog die Klägerin von der DAK H. Mutterschaftsgeld und von ihrer Arbeitgeberin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Elternzeit nahm sie bis 9. Dezember 2008 in Anspruch. Anschließend nahm sie ihre Beschäftigung im Restaurant M. wieder auf. Der Aufenthalt in D. wurde der Klägerin zunächst weiter aufgrund von Fiktionsbescheinigungen erlaubt. Ihr Antrag vom 21. Februar 2008 auf Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, den sie auf die Abstammung des Kindes von Herrn M1 und ihre Personensorge für dieses stützte, blieb wegen der rechtlich noch ungeklärten Abstammungsfrage zunächst ohne Erfolg. Ab dem 24. November 2009 erhielt sie vom Landkreis G., in dessen Zuständigkeitsbereich sie inzwischen umgezogen war, eine bis 23. Mai 2010 gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG, mit der ihr die Beschäftigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) unei...

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